Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 67

Wir waren heuer mit einem Wirtschaftswachstum von 2,25 Prozent konfrontiert. Ich erinnere mich daran, daß ich, als ich das Budget 1999 hier in diesem Saale referiert habe, kritisiert wurde, weil ich dem Budget ein Wachstum von 2,8 Prozent zugrunde gelegt habe, mit einer 0,2prozentigen Sperre. Die Wirtschaftsforscher, die Sie jetzt auch zitiert haben, sehr geehrter Herr Professor, haben uns damals für das Jahr 1999 ein Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent in Aussicht gestellt. (Abg. Böhacker: Das sind nicht die Zehn Gebote Gottes!) Nein, das sind sie nicht, aber ich habe den Eindruck, daß manche Wissenschafter – ohne ihnen nahetreten zu wollen; sie können es ja auch gar nicht besser wissen – es leichter haben, Prognosen zu revidieren, als es ein Finanzminister hat, das Budget zu revidieren.

Daher ist in allen Bereichen Vorsicht geboten; auch das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen. Ich glaube auch, daß hier zumindest festgehalten werden muß, daß wir trotz der unterschiedlichen Prognosen und trotz der anderen Realität, die dann eingetreten ist, sowohl mit dem Budget 1997 im Vollzug kein Problem hatten, als auch im Jahr 1998 die Diskussion über ein Budgetloch gar nicht erst aufgetreten ist. Ich kann Ihnen auch jetzt sagen, daß wir mit dem Budget 1999, mit dem Ergebnis, das dem Voranschlag zugrunde gelegt ist, nach menschlichem Ermessen – nachdem die Mai-Daten ja vorliegen, wage ich das hier durchaus auch schon öffentlich zu behaupten – kein Budgetloch zu decken haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie brauchen sich daher auch gar nicht zu bemühen, im kommenden Wahlkampf eine Argumentationslinie zu verfolgen, die die Frage stellt, wie hoch das Budgetloch ist. Es ist nämlich keines vorhanden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr wohl ist aber die Überlegung angebracht – ich gebe es durchaus zu: diese Fragestellung ist legitim –: Wie wird die Steuerreform des Jahres 2000, die für den Steuerzahler immerhin eine Entlastung im Ausmaß von 30 Milliarden Schilling bringt, finanziert? – Herr Professor Van der Bellen hat in diesem Zusammenhang auf den Stabilitätspakt, die Budgetprognosen und die Wachstumsprognosen hingewiesen. Ich gebe zu, daß das in der Tat ein sehr ernsthaftes Problem ist, das er damit angeschnitten hat.

Aber da Sie, sehr geehrter Herr Professor, hier vor wenigen Minuten gemeint haben, daß die Wirtschaftsforscher aufgrund der Steuerreform ein Budgetdefizit von 2,5 Prozent prognostizieren, und das mit den 1,7 Prozent des Stabilitätspaktes verglichen haben, möchte ich Sie in aller Bescheidenheit darauf aufmerksam machen, daß das Wifo vom Bundesbudget spricht, das einen Abgang von 2,5 Prozent haben wird, und daß wir im Stabilitätspakt in der Tat einen Wert von 2,2 Prozent stehen haben. Es ist richtig, daß sich eine Differenz zwischen den prognostizierten Werten und dem Wert im Stabilitätspakt auftut. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, daß doch niemand außer acht lassen kann, daß eine Kaufkraftstärkung im Ausmaß von knapp 30 Milliarden Schilling, sozial gerecht verteilt mit dem Schwerpunkt auf Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen, die ja primär die Inlandsnachfrage auslösen, budgetäre Effekte hat, und diese muß man eben gegenrechnen.

Ich betone hier noch einmal, daß es selbstverständlich neben der Sparsamkeit im Vollzug des Jahres 2000 wesentlich darauf ankommen wird, daß wir die Stabilitätskriterien erfüllen, um letztendlich auch Handlungsspielräume zu haben. Die Stabilitätskriterien sind ja kein Selbstzweck, sondern sie sind Kriterien der Fiskalpolitik, die dazu geeignet sein sollen, den entsprechenden Rahmen, nämlich innerhalb der "11" in erster Linie, zu bilden, sodaß der Euro als gemeinsame Währung jenen fiskalpolitischen Hintergrund hat, den er braucht, um als starke und stabile Währung, vor allem innerhalb des Binnenmarktes, dazustehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Was er ja wirklich nicht ist!)

Ich sage noch etwas – mir ist durchaus bewußt, was ich damit sage –: Natürlich glaube ich, daß die Verantwortung der Politik darin besteht – ich bin überzeugt davon, daß die Regierung diese Verantwortung in Zukunft übernehmen wird, wie sie das auch in der Vergangenheit getan hat –, bei der Entwicklung von politischen Vorstellungen, die budgetäre Beanspruchungen nach sich ziehen, mit jener Vorsicht vorzugehen, die dem Stabilitätskurs unserer Republik nicht abträglich ist. Ich bin überzeugt davon, daß diese Politik auch gefunden wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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