Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 113

Ich glaube, es wäre sinnvoll, Herr Bundesminister, das zu tun, was wir schon öfter zu diskutieren versucht haben, nämlich einen Vermögenstausch vorzunehmen und dieses Geld in Investitionen zu stecken. Es stimmt nicht, daß wir in Österreich keinen riesigen Nachholbedarf an Investitionen hätten. Immerhin haben wir 55 Jahre nach Beginn der Zweiten Republik das höchstrangige Straßennetz noch immer nicht fertiggebaut. Der Verkehrssprecher Parnigoni hat sich einmal damit berühmt: 92 Prozent haben wir schon fertiggebaut. – Nach über 50 Jahren Wohlstand halte ich das für keinen großen Erfolg.

Es wurden viele Ortsumfahrungen noch nicht gebaut. Ich bringe Ihnen nur ein Beispiel, Herr Bundesminister für Finanzen: Die Ortsumfahrung von Traunkirchen ist jetzt endlich zur Gänze geplant, es ist aber kein Geld vorhanden, und sie soll erst im Jahre 2005 gebaut werden.

Privatisieren wir doch in größerem Umfang, und nehmen wir dann die dadurch lukrierten Mittel, um solch sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen wie zum Beispiel die Umfahrung von Traunkirchen zu bauen!

Privatisieren Sie also nicht, um Familiensilber zu verhöckern und damit das Budget abzudecken, sondern um vielmehr einen Vermögenstausch, Investitionen durchzuführen!

Der zweite jetzt in Verhandlung stehende Tagesordnungspunkt ist das Überweisungsgesetz. – Da ist Ihnen nichts Gutes eingefallen, Herr Minister. Wenn ich Sie zuerst loben durfte, so muß ich Sie jetzt kritisieren. Die Regierungsvorlage war schlicht und einfach unbrauchbar, sie war eine Zumutung! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Stellungnahmen, die Sie dazu bekommen haben, waren entsprechend vernichtend. Sie haben danach einen Abänderungsantrag gebracht, der alles praktisch neu gemacht hat. Okay, aber auch darin fehlen die inländischen Überweisungen – es ist nicht einzusehen, warum die Umsetzung einer EU-Richtlinie nur minimalistisch sein muß –, und vor allem fehlt der Streitbeilegungsmechanismus. Im Ausschuß wurde uns in diesem Zusammenhang erzählt, dazu gebe es ja Gerichte. – Das ist doch bitte einfach zum Wiehern, ist lächerlich!

Für die 25 S oder die 100 S, um die es bei Überweisungen im Streitfall geht, kann man sich auch über die Arbeiterkammer vertreten lassen – in einer Sammelklage –, viel sinnvoller wäre aber doch ein Streitbeilegungsmechanismus. Herr Dr. Khol, dann müßten wir wegen so kleiner Dinge nicht die Gerichte bemühen.

Das Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes wird unsere Zustimmung finden, jedoch verbunden mit der Bitte, mit dem Appell an Sie: Wertpapieraufsicht, Bankenaufsicht, Versicherungsaufsicht – sie tun dasselbe. Sie sind letztlich die Überwachungsinstrumentarien für die Finanzdienstleister unseres Landes. Und wir bräuchten eine Allfinanzaufsicht, die sowohl Wertpapier-, Banken- als auch Versicherungsaufsicht in einer Hand hätte und die – ich beeile mich, das hinzuzufügen – unabhängig sein sollte, werter Herr Bundesminister! (Beifall beim Liberalen Forum. – Bundesminister Edlinger: Kein Problem!)

14.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.32

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Drei kurze Bemerkungen zum Überweisungsgesetz; die erste betrifft die Legistik oder die Technik dieses Gesetzes. Wir sind ja zu diesem Überweisungsgesetz veranlaßt worden durch die Umsetzung der Transparenzrichtlinie der Europäischen Union. Interessant an dieser Umsetzung ist, daß ursprünglich vorgesehen war, diese Materie durch eine Regierungsvorlage sofort und quasi wortidentisch unmittelbar umzusetzen. Daraufhin hat sich eine interessante verfassungsrechtliche Diskussion entsponnen, ob sich nämlich diese direkte und unmittelbare Anwendbarkeit der vorgeschriebenen Richtlinien im Rahmen des EU-Vertrages bewegt. Der Charakter einer Richtlinie besteht ja darin, daß sie zwar hinsichtlich ihres Zieles verbindlich ist, sich aber die einzelnen Nationalstaaten aussuchen können, in welcher Art


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