Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 197

kreis zu betreuen hat, sie die Einnahmen aus dem Road-Pricing bekommt sowie alle Rechnungen, die aus den verschiedenen Häusern kommen. Es ist natürlich klar, daß jedes System irgendwann seine Errichtungskosten einspielen muß. Diese kann ich im ersten Jahr zur Gänze hineinrechnen, ich kann sie aber auch später hineinrechnen.

Ich halte aber zur Klarstellung fest: Es besteht gemeinsam mit dem deutschen Verkehrsministerium die Absicht, auf europäischer Ebene in zweifacher Weise aktiv zu werden. Erstens wollen wir von den bisher in Europa gepflogenen halboffenen Systemen, die Sie von jeder Urlaubsreise nach Italien, Spanien oder sonstwohin kennen müßten, zu einem anderen europäischen Systembeschluß kommen, der die Benützung einer obligatorischen "onboard unit" ermöglicht. Das wäre ein vollautomatisches System! Dazu bedarf es aber neuer Beschlußunterlagen. Wir werden gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung im neuen Europäischen Parlament und in der neuen Europäischen Kommission in dieser Hinsicht aktiv werden. – Erster Punkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Ich darf wirklich darauf hinweisen, daß die derzeitige Situation so ist, daß die auf der Straße beförderte Tonnage viermal so hoch ist wie jene auf der Bahn, daß sich in puncto Personenverkehr auf der Straße neunmal soviel bewegt wie auf der Schiene, daß insgesamt 50 Prozent des öffentlichen Verkehrs in Österreich auf der Straße abgewickelt werden – öffentliche Busse, Taxis und andere Verkehrsmittel – und daß wir die Straße überwiegend auch deshalb brauchen, weil sie der Vorlauf und auch die Nachserviceleistung zur Eisenbahn ist, denn nicht jeder Absender beziehungsweise Empfänger von transportierten Gütern liegt an der Eisenbahn.

Daher ist es keine Übertreibung zu sagen – und das wurde in der GSD-Studie richtigerweise von Beginn an gesagt –: Wir verfolgen den multimodalen Ansatz auf allen drei Ebenen – ich sage nochmals: Bahn, Straße und Wasser –, und dazu brauchen wir auch eine relativ deutliche Transparenz dessen, was im nächsten Dezennium an Verkehr allein aus der Systematik der innereuropäischen Wirtschaftsentwicklung auf uns zukommen wird.

Damit keine Mißverhältnisse entstehen können, ist auch zu sagen, daß ein Teil des Widerstandes gegen das Road-Pricing selbstverständlich daher kommt, daß 80 Prozent der davon betroffenen Fahrzeuge inländische LKW sind, denn es ist nicht wahr, daß nur Ausländer durch Österreich fahren. Jeder, der auf Österreichs Autobahnen unterwegs ist, kann feststellen, daß die ausländischen LKW in der Minderheit sind. Daher: Wir selbst machen uns den meisten Verkehr, weil wir ein dicht vernetztes Wirtschaftsgebiet geworden sind!

Herr Präsident! Hohes Haus! Auch dazu noch eine Klarstellung: Road-Pricing heißt, daß jene, die "just in place" produzieren, einen erheblichen Vorteil gegenüber jenen haben, die "just in time" liefern müssen. Es muß doch Sinn machen, daß – und da wundere ich mich manchmal, Frau Kollegin Moser, daß wir uns im Ausschuß zwar sehr nett über den Tisch, aber anscheinend vergeblich unterhalten haben – Road-Pricing natürlich dazu führt, daß derjenige, der zwischen der Mautstelle und der Stadt, also im Nahbereich der jeweiligen Konsumenten und Verarbeiter produziert, begünstigt wird. Genau so soll es doch sein: daß wir längerfristig zu "just in place" statt "just on road" kommen. Daher verstehe ich so manchen Einwand nicht.

Jetzt zur Gewissensfrage, die Sie mir gestellt haben. Ich würde zunächst einmal sagen, daß die historische Gleichung wie folgt lautet: Am Anfang war kein Verkehr, kein Wohlstand und keine Lebenserwartung. Heute haben wir hohen Wohlstand, eine hohe Verkehrsdichte und eine Lebenserwartung, die pro Jahr oder pro Biennium um Monate ansteigt. Ich kann mir das, was Sie vorschlagen, nicht leisten: Ich kann mir nicht vorstellen, daß, wenn wir den Verkehr wieder abschaffen, unsere Lebenserwartung, unsere Lebensqualität dieselbe bleibt. Ich kann mich diesen Illusionen nicht hingeben.

Gestatten Sie mir, trotzdem ein gutes Gewissen zu haben. Ich gehe davon aus, daß die größten Umweltschäden, auch im Wiener Raum, momentan dadurch entstehen, daß jeden Tag in der Früh zigtausend Fahrzeuge im Stau stehen. Ich will nicht von der Nervenanspannung reden, ich


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