Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 21

Partnerin (und um solche handelt es sich im Regelfall) sind lediglich vom Ehepartner abgeleitet. Infolge weiblicher Erwerbsbiographien hingegen, die durch Betreuungszeiten und Kindererziehung unterbrochen sind, haben 50 Prozent keine eigene Alterssicherung.

In der zuletzt erfolgten Novellierung des Bundesgleichbehandlungsgesetzes kam es in den wesentlichen Bereichen zu keiner Verbesserung: Weder wurden die Rechte für die Gleichbehandlungsbeauftragten noch die Befugnisse für die Bundesgleichbehandlungskommission zielorientierter gestaltet. Ähnlich die Situation beim Gleichbehandlungsgesetz: Seit Jahren steht die Ausweitung der Rechte für Gleichbehandlungsbeauftragte und die Anhebung der Schadenersatzobergrenzen bei festgestellter Diskriminierung an. Auch die Regionalisierung der Gleichbe-handlungsanwaltschaften ist ins Stocken geraten. In Österreich gibt es bislang nur in Wien und Innsbruck Gleichbehandlungsanwältinnen.

Diese Auflistung der unmittelbar erfaßbaren Diskriminierungen spricht die damit in Zusammenhang stehenden mittelbaren Diskriminierungen, die die weibliche Lebensführung beeinträchtigen, gar nicht an. Jedenfalls wird der Zustand einer Gesellschaft offenbar, in der ein geschlechtsspezifisch definierter Teil, der noch dazu mehr als die Hälfte dieser Gesellschaft ausmacht, schlechter behandelt wird als der andere Teil. Die Liberalen erkennen darin ein gravierendes Demokratiedefizit, das es dringend zu beseitigen gilt.

Die realpolitische Reaktion auf das Frauen-Volksbegehren war daher deprimierend und schlug sich lediglich in drei geringfügigen Gesetzesänderungen nieder:

eine wirkungslose Ergänzung in der Bundesverfassung, die lediglich ein Bekenntnis zur Gleichstellung enthält. Im Gesetzestext ist die Rede davon, daß ‚Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten zulässig‘ seien. Die bloße Zulässigkeit von Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Mann und Frau ist aber durch die UN-Konvention ohnehin im Verfassungsrang. Das bedeutet jedoch keine Verpflichtung zur aktiven Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung. Insgesamt ist diese Ergänzung ein rechtlich wirkungsloser Rückschritt hinter bereits vorgelegte Vorschläge und internationale Dokumente;

eine Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes, das Betrieben nahelegt, betriebliche Frauen-förderpläne sowie Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf zu entwickeln;

eine Erweiterung des Kündigungsschutzes für Mütter beziehungsweise Väter, wenn sie während der Karenzzeit vorübergehend eine Erwerbstätigkeit ausüben, bei der das Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze liegt.

Von einer Umsetzung der frauenpolitischen Forderungen wie versprochen und angekündigt, geschweige denn ‚Punkt für Punkt‘, kann somit keine Rede sein. Damit reiht sich die Frauenpolitik nahtlos an andere Politikbereiche, für die die große Koalition und insbesondere der Bundeskanzler Reformschritte versprochen haben. Aus einer angekündigten Pensionsreform wurde lediglich ein kleiner Schritt in Richtung einer Vereinheitlichung. Aus einer angekündigten großen Steuerreform wurde eine minimale Tarifänderung, die nicht einmal die kalte Progression der Vergangenheit abdeckt. Die angekündigte Ökologisierung des Steuersystems fand nicht statt. Von Senkung der Lohnnebenkosten kann keine Rede sein. Von der groß angekündigten Technologieoffensive und der Anhebung der Forschungsquote blieb ein bescheidener Entschließungsantrag. Die Novelle des Kartellrechtes reagierte lediglich auf die notwendigsten euro-päischen Erfordernisse. Die Gewerbeordnung ist weiterhin ein zünftlerisches Arbeitsplatzbehinderungsinstrument. Die Aktion Fairneß blieb eine PR-Veranstaltung. Die angekündigte Angleichung der Arbeitsrechte aller ArbeitnehmerInnen ist eine Ankündigung geblieben. Die angekündigte Medienpolitik wurde nach der Zulassung von Privatradios aus machtpolitischen Gründen zurückgestellt. Die Liste könnte fortgesetzt werden.

Im Wissen, daß Wahlkampfzeiten mehr noch als alle anderen zu PolitikerInnenversprechen verführen, scheint es sinnvoll, anhand der bisherigen Erfahrungen die Glaubwürdigkeit künftiger Ankündigungen zu überprüfen. Die Dringliche Anfrage der Liberalen dient daher nicht nur dem


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