Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 52

Ich habe mir in Vorbereitung dieser Sondersitzung jene Anträge, die seitens des grünen Klubs zum Thema Frauenpolitik in den letzten Jahren eingebracht wurden, angesehen, und ich muß sagen: Diese Liste ist lang. Von den Regierungsparteien übernommen wurde jedoch kein einziger Antrag! Dabei ging es um Anträge, die, aufgeschlüsselt, einzelne Anliegen betrafen – eine Vorgangsweise, um es auch der Regierung leichter zu machen, vielleicht das eine oder andere Anliegen herauszugreifen und vorzuziehen. Kein einziger Antrag des Frauen-Volksbegehrens wurde, in die Form eines Antrages der Grünen gekleidet, von den Regierungsparteien angenommen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.)

Ja, Frau Mertel, für mich ist das schon überraschend! Wenn sich vor allem seitens der SPÖ so viele Frauen verbal mit den Forderungen des Frauen-Volksbegehrens konform erklärt haben, dann aber von dieser Partei nicht einmal einem einzigen Antrag zugestimmt wurde, so finde ich das nicht nur überraschend, sondern traurig und beschämend! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich bringe jetzt erneut einen Antrag ein – eigentlich ohne Hoffnung, daß dieser angenommen wird. Jedenfalls habe ich all unsere diesbezüglichen Anträge zusammengelistet und – auf daß ich es, Herr Präsident, nicht verlesen muß – in einem rund vier Seiten langen Antrag zusammengefaßt, der geschäftsordnungsgemäß dem Stenographischen Protokoll im vollen Wortlaut beigedruckt werden wird.

Dieser Antrag bezieht sich auf eine reale Gleichstellung – nicht nur auf eine Gleichstellung vor dem Gesetz, sondern eine Gleichstellung durch das Gesetz – in den Bereichen Ausbildung, Arbeitswelt, Pension, Abwehr sexueller Belästigungen, finanzielle Schadenersatzpflicht im Falle von Übergriffen, geschlechtsneutrale Bezeichnung in allen Bereichen des sozialen Lebens und der Arbeitswelt, bessere Absicherung von Eltern, paritätische Vertretung in Gremien und Beiräten und spezielle Maßnahmen gegen Menschenhandel, gegen Frauenhandel, gegen Frauendiskriminierung und für ausländische Arbeitnehmerinnen.

Es sind darin insgesamt 50 Punkte, jeweils den bereits eingebrachten Anträgen entsprechend, in einem Antrag zusammengefaßt. Sie hätten also jetzt noch einmal die Möglichkeit, tatsächlich zu einer realen Verbesserung für die Frauen beizutragen. Wie gesagt: Meine Hoffnung, daß Sie diese letzte Chance in dieser Legislaturperiode ergreifen, hält sich jedoch in Grenzen.

Frau Bundesministerin! Ich gebe Ihnen noch einmal diese Liste der Anträge. (Die Rednerin überreicht der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Mag. Prammer den betreffenden Antrag.) Sie, Frau Bundesministerin, haben ja heute hier wieder einige dieser Punkte bestätigt, und Sie haben gesagt, wie sehr Ihnen das ein Anliegen ist. – Die Chancen, das durchzusetzen, wären bitte da gewesen, wurden jedoch verspielt.

Was bisher geschehen ist, waren Sparpakete, beschlossen von beiden Regierungsparteien, die sich überwiegend zu Lasten der Frauen ausgewirkt haben. Das wissen wir, und das ist ja auch dokumentiert.

Jetzt, hier und heute, verheißt uns der Herr Bundeskanzler eine Steuerreform, die "zugunsten der Familien" wirken soll, und in das schaut man dann nicht mehr hinein. Das wirkt dann "natürlich" – so wie es schon immer war – hauptsächlich zugunsten des besserverdienenden Teils in der Familie, und das bedeutet – wie es früher war und auch heute noch ist –, daß es zugunsten der Männer geht.

Herr Bundesminister Bartenstein! Sie haben davon gesprochen, daß sich überwiegend Frauen für Karenzzeiten entscheiden. Daß Sie daraus schließen, alle Frauen wollten das so und das müsse auf Dauer auch so sein, finde ich reichlich zynisch. Dabei geht es eben nicht um ein Recht auf Wahl, sondern es ist, wie wir wissen – und das geht aus der Statistik der Arbeitsmarktbehörden hervor –, so, daß Zigtausende Frauen, zumindest 50 000 Frauen bitte, gerne Beruf und Kinder vereinbaren möchten, jedoch aufgrund fehlender öffentlicher Verkehrsmöglichkeiten, aufgrund fehlender entsprechender Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu dieser einen Variante gezwungen sind. – Das bitte auch an die Adresse der Frau Primaria Povysil.


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