Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 53

Es ist doch nicht so, daß irgend jemand das Recht der Frauen auf Wahl in Abrede stellen würde. Wenn eine Frau – ich glaube aber, es gibt ganz wenige, die das wirklich wollen – zwischen der Schulausbildung und dem Pensionseintrittsalter ausschließlich den Haushalt betreuen will, so muß das selbstverständlich akzeptiert werden. Ich halte das nur nicht für ein staatlich und gesellschaftspolitisch förderungswürdiges Modell – und auch nicht für ein kluges Modell im Sinne einer modernen Volkswirtschaft. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Mit den Belastungspaketen wurde den Frauen etwas weggenommen, was jetzt überwiegend zu den Männern beziehungsweise zum nebulosen Begriff "Familie" wandert. Das heißt, man hat "umverteilt": von den Frauen zu den Männern.

Da der Herr Bundeskanzler die Zunahme der Frauenerwerbsquote erwähnt hat: Ja, Herr Bundeskanzler, formal stimmt das – nur wenn man sich die Zahlen im Detail anschaut, merkt man, wie traurig das ausschaut! Das "Jobwunder" à la Österreich kommt ganz überwiegend durch eine geradezu explosionsartige Zunahme geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse zustande. (Bundeskanzler Mag. Klima: Das stimmt doch nicht! – Bundesministerin Mag. Prammer: Die sind nicht drinnen in der Statistik!)

Zwischen Mai 1998 und Mai 1999 ist die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse um 12,7 Prozent gestiegen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Vielleicht liefert die Arbeitsmarktverwaltung falsche Daten, ich glaube das aber nicht, denn ich kenne die Bediensteten dort und weiß, daß diese sehr zuverlässig sind. Diese Steigerung bedeutet in Absolutbeträgen 21 600. Im gleichen Zeitraum – und ich komme gleich auf das, was Sie angesprochen haben – ist die Zahl unselbständig Beschäftigter insgesamt um nur 0,8 Prozent oder um 23 500 gestiegen. Das heißt, daß diese Zunahme insgesamt überwiegend auf das Konto geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse geht. Das kann man ja auch bitte anhand von in Zeitungen veröffentlichten Stellenangeboten ganz deutlich erkennen. Wir können ja alle lesen, Herr Bundeskanzler, die meisten jedenfalls! (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima.)

Die Ankündigungspolitik der Regierung beschert uns immer neue Blüten. – Was bisher jedoch nicht geschah, sind reale Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen. Diese Bundesregierung hat ja enorm große Aktivität im Bereich der Erstellung von Weißbüchern entfaltet; Weißbücher heißen sie offensichtlich deshalb, weil niemand weiß, was daraus nach den Wahlen werden soll. Und in bezug auf Werbekampagnen werden seitens der Bundesregierung gleichfalls große Aktivitäten an den Tag gelegt. Folgendes – das muß ich schon sagen, Frau Bundesministerin – hat mich wirklich tief getroffen, etwas, was ich nämlich gar nicht für möglich gehalten habe. Ich bin schon dafür, daß auch oder gerade im Bereich des Frauenressorts dafür Werbung gemacht wird, daß sich das Bewußtsein in der Gesellschaft diesbezüglich rascher ändert, als das sonst der Fall wäre, nur: Wenn eine Frauenministerin nicht mehr mit einem treffenden Slogan wie etwa "halbe/halbe" wirbt, und zwar gemünzt auf das Privatleben, auf die Familie, wo die Männer stärker einbezogen gehören, gemünzt auf die Arbeitswelt, in der die Frauen ihren gerechten Teil, und zwar vor allem in den Chefetagen, beanspruchen, sondern wenn eine Frauenministerin für ein "kindergerechtes Österreich" wirbt – und das bitte, ohne Vorkehrungen für eine entsprechende Infrastruktur zu treffen –, so spricht das wirklich Bände über die Frauenpolitik dieser Bundesregierung. Frauenpolitik seitens dieser Bundesregierung gibt es nämlich so gut wie nicht mehr.

Meine Damen und Herren! Der Befund – nach mittlerweile mehrfacher Neuauflage der großen Koalition – ist, daß sich klammheimlich und mit Duldung der Sozialdemokratie die Frauenpolitik umgedreht hat und daß man statt dessen in Werbekampagnen die Bildnisse von putzigen kleinen Kinderchen den Frauen als "frauenpolitische Maßnahme" anzupreisen versucht. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Es ist hoch an der Zeit, daß es wieder eine echt feministische, eine Frauenpolitik gibt, die diesen Namen auch verdient. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

17.11


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