Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 82

sage ich: Die Karenzregelung ist – abgesehen vom Mutterschutz – meiner Ansicht nach keine Umsetzung eines Frauenrechtes. Die Karenzzeit ist kein Frauenrecht, die Karenzzeit ist ein Kinderrecht! Die Karenzzeit ist das Recht des Kindes auf Betreuung durch einen Elternteil!

Deswegen sind Sie von der ÖVP so wunderbar entlarvt, wenn Sie einen Unterschied machen, ob nun die alleinstehende Mutter eineinhalb oder zwei Jahre bei ihrem Kind sein darf oder aber daß dann – wenn es nach Ihren Vorstellungen eine intakte Familie ist, nämlich aus Vater und Mutter bestehend – zwei Jahre zur Verfügung stehen. Damit entziehen Sie dem Kind das Recht auf einen Elternteil, und das halte ich für unglaublich! Daran sehen Sie auch die wirklich schlimme Verquickung zwischen Frauenrechten und Kinderrechten. Das ist etwas völlig anderes!

Es ist mein Appell an Sie, diese Dinge endlich auseinanderzuhalten. Aus diesem Grunde ist es eine Zumutung, daß Sie immer noch einen Unterschied machen und daß Sie es für Alleinerzieherinnen, die Verantwortung für die Durchsetzung des Rechtes ihres Kindes übernehmen, nicht möglich machen, diese Verantwortung auch zu leben.

Daran sieht man, daß es Ihnen sehr wichtig ist, immer nur die Form zu wahren – aber um die innere Aufgabenstellung geht es Ihnen nicht! Das sieht man auch dann, wenn Ihnen nicht das Vertrauen das schützenswerte Gut ist. Daher machen Sie einen Unterschied, welche Lebens-partner sich eines Zeugnisses entschlagen dürfen, daher machen Sie einen Unterschied, wer eine eingetragene Partnerschaft haben dürfte oder nicht. Das alles ist so, weil es Ihnen um die Form geht. Uns aber geht es um die Inhalte.

Ich sage Ihnen etwas Frauen betreffend: Frauen- und Familienpolitik sind zwei verschiedene Paar Schuhe, genauso wie Männer- und Familienpolitik zwei verschiedene Paar Schuhe sind, die nur unter einem Dach – von mir aus – zusammengefaßt werden können.

Frauenpolitik heißt, die Frauen selbständig zu machen. Denn nur dann haben sie überhaupt die Möglichkeit zu wählen. Erzählen Sie doch nicht alle, daß Sie dafür sind, daß Frauen eine Wahlmöglichkeit haben! Wenn jemand keinen Führerschein hat und ich ihm zwei Autos hinstelle, eines mit Chauffeur und eines ohne Chauffeur, und wenn ich ihm sage, er soll sich eines aussu-chen, dann hat er eben keine Wahlmöglichkeit, weil er nicht selbständig gemacht wurde! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Es war das Anliegen des heutigen Tages, das klarzumachen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Frau Bundesministerin Mag. Prammer zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.49

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unsittlich! Abgeordnete haben das letzte Wort, nicht die Minister!) Die Frauen haben das letzte Wort, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Sie begehen dadurch Mißbrauch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Ich möchte gerne Frau Klubobfrau Schmidt in dem recht geben, was sie jetzt zum Schluß gesagt hat (Abg. Gaugg: Das ist kein Parlamentarismus mehr! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen), wenngleich ich ihr in manchem – gerade auch in dem, was in dieser heutigen Dringlichen Anfrage gestellt wurde – nicht recht geben möchte, nämlich daß heute hier in diesem Hohen Haus sehr oft über Familienpolitik und nicht über Frauenpolitik gesprochen wurde (Abg. Gaugg: Warum verschweigen Sie sich drei Stunden lang?) und so manchem und so mancher das Wort "Frau" nur dann ganz zögerlich über die Lippen kommt, wenn gleichzeitig auch die Familie miterwähnt wird.

Nicht, daß wir alle miteinander etwas gegen gute, weltoffene Familienpolitik hätten. Aber bitte nicht auf dem Rücken der Frauen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das ist ja unglaublich! Das ist überhaupt noch nie passiert! – Abg. Dr. Maitz: Das ist Sozialismus pur! Klassenkampf innerhalb der Frauen!)


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