Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 95

auch frustriert darüber –, die immer eine gleich hohe Zahl von Lehrlingen ausgebildet haben, aber den Zuschuß pro Ausbildungsplatz nicht erhalten.

Es wird jetzt eine Anzahl von Alibi-Berufen geschaffen. 51 neue Lehrberufe sind seit 1997 entstanden. Aber darunter gibt es solche wie Betonfertiger in der Betonsteinerzeugung; diesen Lehrberuf haben genau zwei Lehrlinge ergriffen. Oder für den Betonfertiger in der Terrazzoherstellung gibt es überhaupt keinen Lehrling. Es gibt ebenfalls keinen für den Beruf des Hohlglasveredlers in der Glasmalerei oder des Hohlglasveredlers in der Gravur. Auch den Beruf des Straßenerhaltungsfachmanns erlernen nur zwei Lehrlinge. Aber das wird hier als Erfolg verbucht!

Das "Euroteam" ist bereits angesprochen worden. Da gibt man diesem "Euroteam" auf dubiose Weise den Auftrag, eine Studie zu erstellen. Kostenpunkt: 57,3 Milliarden ... (Abg. Parnigoni: Das Wort "dubios" nehmen Sie aber zurück!) Ja, das ist sehr dubios! Lesen Sie die Zeitungsbe-richte der letzten Tage, Herr Kollege Parnigoni, dann werden Sie das nachvollziehen können. (Abg. Gaugg: Das ist noch harmlos!)

Es wird vom "Euroteam" eine Ausbildungsmappe hergestellt, wie sie bisher in jeder Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer oder der Arbeiterkammer erstellt worden ist – im Prinzip abgeschrieben, aber dafür wird ein Haufen Geld kassiert. Im Projekt PROFESSIONET, dessen Hauptziel die Erarbeitung von Berufs- oder Beratungsmodellen war, wurden Konzepte geschaffen, um Beratungsmodule dafür zu entwickeln, in welche Richtung die Lehrlingsausbildung in Zukunft gestaltet werden sollte. Die Studie besteht aus sage und schreibe fünf Deckblättern und einem Stapel von EU-Unterlagen, die 900 A4-Seiten umfassen. Kostenpunkt dafür, subventioniert vom Sozialministerium ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): ... 3,7 Millionen Schilling. Das ist eine teure Kopie, sehr geehrte Damen und Herren: die Seite um zirka 400 S! Die ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz, bitte! Die Redezeit ist abgelaufen!

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): Herr Präsident, ich komme schon zum Schlußsatz. – Mir scheint dieser Fristsetzungsantrag, den wir heute hier einfordern, sehr wichtig dafür zu sein, im Bereich der Lehrlingsausbildung endlich Nägel mit Köpfen zu machen und etwas für die österreichischen Lehrlinge weiterzubringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.50

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Da diese Debatte zur Lehrlingsfrage bedauerlicherweise – "bedauerlicherweise" wegen der Sachverhalte, meine ich – zunehmend begonnen hat, sich auf die Frage der Performance des Herrn Bundeskanzlers beziehungsweise seiner "Lehrlingshotline" zu reduzieren, möchte ich von diesem Pult aus auch einige Bemerkungen zu dem machen, was uns in den letzten Tagen in diesem Hause in einem Ausschuß unter der Überschrift "Euroteam" beschäftigt hat.

Damit meine ich noch nicht einmal die Details, die wir dort debattiert haben – Kollege Steindl weiß, was ich meine –, sondern ich meine damit einen zentralen Fehler in diesem ganzen System. Offenbar hat da das Bemühen durch den Bundeskanzler, gegenüber der Öffentlichkeit so rasch wie irgend möglich den Anschein zu erwecken, es seien Sofortmaßnahmen im Laufen, dazu geführt, daß eine Personenkonstellation, deren politisches Naheverhältnis eindeutig der SPÖ zuzuordnen ist, aus dem Windschatten heraus einige von der Sache her wahrscheinlich durchaus wichtige Aufträge erbeutet und dann in einer Weise abgewickelt hat, die Angst und Schrecken verbreitet.


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