Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 2. Sitzung / Seite 99

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

15.48

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem Herr Kollege Oberhaidinger! Dass ein gemeinsamer Entschließungsantrag bis jetzt noch nicht zustande gebracht werden konnte, hat auch mit dem Selbstverständnis der sozialdemokratischen Parlamentarier und der Parlamentarier der ÖVP zu tun, denn es ist offensichtlich nicht möglich, mit Parlamentariern aller hier im Hohen Haus vertretenen Parteien einen Entschließungsantrag auszuformulieren, ohne dass man permanent die Ministerien befragen muss, ob das in Ordnung ist, was wir hineinschreiben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird doch andauernd im Außenministerium nachgefragt: Dürfen wir das oder dürfen wir das nicht?, im Bundeskanzleramt: Dürfen wir das oder dürfen wir das nicht? – Meine Herren und Damen! Wir als Vertreter der Österreicher hier in diesem Hohen Haus brauchen ein bisschen mehr Selbstvertrauen. Wir haben der Regierung etwas vorzuschreiben und vorzugeben, und nicht nachzufragen, ob wir das überhaupt dürfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das muss man einmal kapieren, wenn man hier wirklich parlamentarische Arbeit leisten will!

Wir aber trauen uns nicht einmal das hineinzuschreiben, was zum Beispiel Frau Kollegin Prammer in den Zeitungen immer wieder fordert. Ja warum schreiben wir das, was sie in den Zeitungen immer wieder sagt, dass sie tun wird, nicht hinein? Es ist doch wohl das Mindeste, dass wir das, was Prammer sagt, das, was Klima verspricht, und das, was Bartenstein immer groß ankündigt, einmal in diese Anträge hineinschreiben, denn sie sollen das, was sie ankündigen – verdammt noch einmal! –, auch umsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben doch seit dem 5. November 1978, vor allem aber nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl einen breiten Konsens in Österreich, der in etwa folgendermaßen formuliert werden kann: Für uns hat Energiegewinnung aus Atomkraft keine Zukunft!

Es hat der hochverehrte Herr Bundeskanzler Vranitzky in seinen Regierungserklärungen gesagt, die Sozialdemokratie werde dafür sorgen, dass es ein AKW-freies Mitteleuropa geben wird. Ja bitte, sorgen Sie dafür! Sie haben ja schon Jahre Zeit dafür gehabt! Mit der geplanten EU-Erweiterung ist die österreichische Bundesregierung aufgefordert, auf europäischer Ebene endlich einmal Verantwortung zu übernehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als EU-Mitglied haben wir die Möglichkeit, den zukünftigen Stellenwert der Nutzung der Atomkraft in der Europäischen Union maßgeblich zu beeinflussen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Noch-Regierungsparteien, und diese Verantwortung muss im Interesse nachfolgender Generationen mit Nachdruck – mit Nachdruck! – wahrgenommen werden.

Es gibt einfache Möglichkeiten dafür, diese Interessen mit Nachdruck zu vertreten. Eine Möglichkeit heißt einfach Veto. Österreich muss ein Veto gegen den Beitritt jener Länder einlegen, deren AKW – hören Sie gut zu, Frau Bundesministerin! – nicht dem Stand westlicher Technik entsprechen. Das ist das Mindeste, was wir Freiheitliche fordern – und das sind wir der österreichischen Bevölkerung auch schuldig –: dass es ein Veto gegen den Beitritt jener Länder gibt, deren AKW nicht dem Stand westlicher Technik entsprechen, weil ein eklatantes Risiko für die Bevölkerung Europas und vor allem für die Bevölkerung Österreichs gegeben ist.

Die Bundesregierung muss ein klares Bekenntnis zur Inanspruchnahme dieses Vetos ablegen, indem sie den Regierungsparteien erlaubt, Anträge zu stellen, wo das auch drinnen steht. Das ist das Mindeste, was ich mir von den Regierungsparteien und den verantwortlichen Abgeordneten – auch von Ihnen, Kollege Oberhaidinger – erwarte. Da müssen klare, auch zeitlich klare Ausstiegsszenarien festgelegt werden. Damit könnten Sie endlich einmal wieder glaubwürdig werden und die EU zu einem sicheren und hoffentlich AKW-freien Bereich machen. Allerdings ist die bisherige Vorgangsweise der Vertreter der Bundesregierung nicht dazu angetan, um diesbezüglich wirklich optimistisch zu sein.


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