Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 13. Sitzung / Seite 42

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beigetreten? Und Dieter Böhmdorfer hat gesagt: Ja, heute – wenn es wahr ist! Das heißt, er war noch immer nicht beigetreten.

Aber dieses hohe Maß an Unabhängigkeit hat er sich bewusst erhalten. Er ist kein Parteimitglied, sehr zum Unterschied von Amtsvorgängern der beiden Justizminister Harald Ofner und Böhmdorfer, zum Beispiel seines Vorgängers Tschadek.

Tschadek, der von allen sehr geschätzt war, war ein relevantes Mitglied der Sozialistischen Partei in Niederösterreich. Ich habe darüber nachgedacht – und die Kollegen zu meiner Linken mögen mich gegebenenfalls ausbessern –, ich glaube, er war sogar Landeshauptmann-Stellvertreter, ich weiß es nicht genau. (Abg. Brix: Richtig!)  – Landeshauptmann-Stellvertreter!

Einer seiner Nachfolger war Broda, ein großer Reformer, 23 Jahre lang im Amt, unterbrochen nur von der vier Jahre dauernden Ära Klecatsky, also 19 Jahre Justizminister! (Zwischenruf der Abg. Huber. ) Er war unter anderem die ganze Zeit über Obmann des Bundes Sozialistischer Akademiker. Ich werfe ihm das nicht vor! Der eine war bei der Partei, der andere war bei der Partei, Böhmdorfer ist aber nicht bei der Partei! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Huber. )

Ich vertrete sogar bei allem Respekt vor meinen Amtsnachfolgern Foregger und Michalek den Standpunkt, Frau Kollegin (Abg. Edler: Weil die FPÖ so schlecht ist!), dass mir ein parteizugehöriger Minister – fast hätte ich gesagt: egal, welcher Partei – in manchen Dingen lieber ist als ein parteiloser Minister, weil er schon eine Programmvorgabe hat (Abg. Dr. Kräuter: Das ist eine Drohung!), bevor er, meist überraschend, ins Amt kommt, und außerdem zumindest einen gewissen Rückhalt hat – zwar nicht immer in der eigenen Fraktion, aber in manchen Bereichen hat er ihn. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist auch eine Drohung!)

Ein parteiloser Minister hingegen muss sich erst einmal umschauen, ob er mit irgendwelchen Programmpunkten, die den anderen nicht unbedingt ins Konzept passen, nicht völlig im Regen stehen gelassen wird. (Abg. Mag. Kukacka: Jetzt haben Sie gegen den Böhmdorfer argumentiert!)

Darum kann, glaube ich, der Vorwurf, es sei jemand Parteimitglied, überhaupt kein Vorwurf sein. Wenn sich aber jemand, der nicht Parteimitglied ist, sobald er in dieses Haus kommt, vorhalten lassen muss, er habe als Anwalt eine Partei vertreten, dann kann derjenige, der diesen Vorwurf erhebt, das Wesen des Rechtsstaates und die Rolle der Anwaltschaft in einem Rechtsstaat nicht verstanden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Denn in einem Rechtsstaat ist es so, dass, wie einmal der alte Michel Stern gesagt hat, der Anwalt, der nach unserem Rechtsverständnis in Österreich bekanntlich ein Organ der Rechtspflege ist, für seine Klienten nichts kann. Das ist gar nicht abwertend gemeint, er hat nur gesagt, für seine Klienten kann der Anwalt nichts! Und darum kann man überhaupt niemandem vorwerfen, dass er irgendwann einmal irgendjemanden vertreten hat. (Abg. Mag. Kukacka: ... Grenzgang ...!)

Man bedenke nur, was das im Strafverfahren bedeuten würde: Eine Gleichsetzung der Beschuldigten im Strafverfahren mit ihren Verteidigern würde nichts Gutes bedeuten!

Ich möchte es vermeiden, der Versuchung zu erliegen, meinem Amtsnachnachnachfolger Böhmdorfer Ratschläge zu geben. Das wäre von einem Senior in Richtung auf einen amtierenden Minister vermessen! Aber einige Dinge möchte ich, solange es mir die Redezeit erlaubt, vielleicht doch – mehr in die Allgemeinheit gesprochen, als direkt an ihn gerichtet – zum Besten geben.

Es ist jeder Minister in Österreich, der sich nach seiner Ernennung in sein neues Ressort begibt, gut beraten, nicht zu fürchten, dort nur von Gegnern in Gestalt der Beamten umgeben zu sein, und nicht von Anfang an danach zu trachten, ihnen mit Misstrauen zu begegnen, ja nicht auf sie zu hören und sie nach Möglichkeit auszutauschen!


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