Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 19

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worden wäre, aber dies muss für beide Seiten – Regierung und Opposition – in gleicher Weise gelten. (Abg. Dr. Khol: Das meinte ich!)

Natürlich hat der Herr Bundeskanzler das Recht, auf die Ausführungen des Vorredners einzugehen, und ich glaube, so wie ich ihn kenne, wird er das auch tun. (Heiterkeit.)  – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.25

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident, Sie kennen mich richtig. Ich danke auch sehr für die Klarstellung, dass ich zu diesem Punkt auch etwas sagen kann, denn es ist mir schon wesentlich, festzuhalten, dass es mir – und ich glaube, der gesamten Bundesregierung und dem Land – wichtig wäre, wenn wir heute, wenige Tage vor dem entscheidenden Europäischen Rat in Lissabon, Rückenstärkung durch eine gemeinsame Entschließung aller vier im Parlament vertretenen Parteien bekämen, die die Maßnahmen der Vierzehn als ungerechtfertigt, unfair, über das Ziel schießend und die Würde unseres Landes verletzend darstellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Gusenbauer! Ich war gestern in Brüssel und habe mit dem Ratsvorsitzenden von Portugal, Ministerpräsident Guterres, gesprochen. Wir befinden uns derzeit in einer sehr entscheidenden Phase. Er fährt in dieser Woche durch die wichtigsten Hauptstädte Europas, und wir haben in diesem Zusammenhang einige persönliche Gespräche und auch Möglichkeiten ausgeleuchtet. Ich glaube, es würde der Sache gut tun, würde nicht ein gespaltener Nationalrat das Bild eines gespaltenen Landes vermitteln, sondern wenn Österreich, vertreten durch seine Volksvertretung, gemeinsam auftritt, wenn uns Unrecht geschieht. – Ich ersuche Sie darum. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen auch sehr klar dazu, dass ich in all meinen Reden und Wortmeldungen immer dafür plädiere, größtmögliche Sensibilität und Augenmaß zu wahren. Ich halte es für falsch, andere europäische Staatsmänner in irgendeiner Weise abzuqualifizieren. Aber ich sage Ihnen auch ganz offen: Stellen Sie sich vor, ein österreichischer Minister, ein österreichisches Mitglied des Europäischen Rates würde öffentlich erklären, es sei das Ziel der österreichischen Regierung, die Regierung eines anderen Landes – ich nenne den Namen jetzt nicht – zu stürzen. Wie wäre da die internationale Reaktion?

Ich frage Sie: Wer in Europa hat uns verteidigt? Und gab es hier im Parlament einen Aufschrei aller politischen Parteien dagegen? – Ich sage Ihnen offen: Ich bedauere, dass hier mit unterschiedlichem Maß gemessen wird, denn das geht nicht in der heutigen Zeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Einen nehme ich aus: Heute hat sich – ich habe gerade die Pressemeldung bekommen – der flämische Minister für Außenhandel, also des flämischsprachigen Teiles von Belgien, in einer Aussendung im Namen des offiziellen Flandern von diversen schädlichen Aussagen einiger belgischer Prominenter distanziert. – Auch dieses Beispiel verdient es, hervorgehoben zu werden, denn ich bin überzeugt, das ist ihm viel schwerer gefallen, als es uns fallen würde, gemeinsam gegen die Diskriminierung von österreichischen Bürgern oder auch gegen die Abwertung und Ausgrenzung unseres Landes aufzutreten.

Ich bitte Sie daher wirklich: Versuchen wir alles, heute eine gemeinsame Entschließung zustande zu bringen, und bitte verlagern wir doch die Diskussion ins Parlament!

Meine Damen und Herren! Die Kontrolle der österreichischen Regierung, gebildet aus ÖVP und FPÖ, kann niemals durch außenstehende Experten erfolgen, kann niemals an Experten delegiert werden, wovon je drei der Herr Bundespräsident, die Regierungsparteien und die Opposition aussuchen, sondern die Kontrolle einer demokratischen Regierung erfolgt hier im Parlament: durch Sie, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich frage Sie daher sehr direkt: Trauen Sie sich nicht zu, dass hier im Parlament eine normale, demokratische, sachliche Auseinandersetzung stattfindet? – Wir brauchen keinen Tugendausschuss, wie es ihn früher einmal gegeben hat, der eigentlich das Parlament, den Bundesprä


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