Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 31

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Meine Damen und Herren! Ich möchte auch ganz offen sagen, was mich an der bisherigen Debatte stört. Wir  – und das gilt für beide Regierungsfraktionen – nehmen die Sorgen der Menschen um ihre Arbeitsplätze ernst. Aber zwischen Sorgen ernst nehmen und Angst machen, wie Sie es tun, ist ein gewaltiger Unterschied. Wir nehmen Sorgen ernst, Sie machen Angst, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist in der Tat unverantwortliche Panikmache, wenn Sie hier vom Rednerpult aus erklären, 120 000 Arbeitsplätze seien gefährdet, es gehe um den Ausverkauf des Familiensilbers. – Ja bitte, sagen Sie die ganze Wahrheit! Das Familiensilber ist mit 80 Milliarden Schilling Schulden belastet! Das Erbe Kreisky, das Erbe Sinowatz, das Erbe Vranitzky und das Erbe Klima: Das ist die volle Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Ich glaube ja nach wie vor, Herr Ex-Finanzminister, dass hinsichtlich der Terminwahl für diese heutige Sondersitzung Sigmund Freud bei Ihnen ein bisschen mitgewirkt hat. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Fast genau auf den gleichen Tag ereignete sich vor fünf Jahren die "Konsum"-Pleite in der Geschichte dieses Landes (Rufe bei der ÖVP: Ah so!), und zu diesem Zeitpunkt eine Sondersitzung mit dem Thema "Ausverkauf des Landes" abzuhalten, ist schon eine gewaltige Leistung! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir können stolz darauf sein, dass die Wirtschaftsgeschichte der Zweiten Republik, der letzten 50 Jahre eine Erfolgsstory war – mit zwei großen Ausnahmen: Verstaatlichten-Desaster und "Konsum"-Pleite. (Abg. Dr. Khol: "Konsum"!) Wir alle wissen, wie das verursacht wurde. Es wurde dadurch verursacht, meine Damen und Herren (Abg. Dr. Khol: Punktgenau!), dass sozialistische Gewerkschaftsfunktionäre geglaubt haben, sie müssten Unternehmer spielen. Das geht immer schief, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen) , und leider hat das der Steuerzahler sehr schmerzvoll erfahren müssen.

Auch aus diesem Grund unternehmen wir einen neuen Schwung in Richtung Privatisierung. Wir fühlen uns als Anwalt des Steuerzahlers. Wir werden es nicht zulassen, dass neuerlich – nur, damit einige Gewerkschaftsfunktionäre Ihrer Fraktion (in Richtung SPÖ) eine industriepolitische Spielwiese haben – der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Wir werden – im Gegenteil! – im Interesse des Steuerzahlers die genannten 80 Milliarden Schilling Schulden aus Privatisierungserlösen zurückzahlen – im Interesse des Steuerzahlers und im Interesse der Sicherung der Zukunft unseres Landes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich kritisiere auch Ihr falsches Verständnis von Industriepolitik. Industriepolitik kann doch in der heutigen Zeit nicht heißen, dass der Staat in Industriebetriebe eingreift. Industriepolitik ist heute Standortpolitik. Wir müssen Voraussetzungen dafür schaffen, dass es attraktiv ist, in Österreich zu investieren – auch für ausländische Investoren. Wenn Sie hier sagen, dass dann, wenn im Zuge der Privatisierung ausländische Investoren zum Zug kommen, Arbeitsplätze aus Österreich sozusagen vertrieben werden, dann ist das im Grunde eine ungeheure Beleidigung aller ausländischen Investoren. Unternehmen wie Philips, Siemens und viele andere haben in den letzten Jahren hunderttausende Arbeitsplätze in Österreich geschaffen. Sie tragen zur Forschungs- und Entwicklungsleistung in Österreich mehr als 60 Prozent bei. Weltweit werben wir dafür, dass ausländische Investoren nach Österreich kommen, aber Sie beleidigen sie mit dieser Argumentation.

Ja merken Sie nicht, wie schizophren diese Argumentation ist? Weltweit werben wir: Bitte, kommt nach Österreich! Investiert hier! Doch Sie erklären hier: Wenn Ausländer kommen, gehen Arbeitsplätze verloren, wird Vermögen vernichtet. – Das ist eine schizophrene Argumentation, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Gegenteil ist der Fall. Erst vor kurzem hat die OECD, die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, eine Studie im angesehenen Wirtschaftsmagazin "The


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