Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 37

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Meine Damen und Herren! Industriepolitik heißt weiters nicht, Mauern um Österreich zu bauen, Wettbewerbsbeschränkungen aufzubauen. Auch so funktioniert Industriepolitik nicht mehr, denn zu drohen, keine Telefonanschlüsse mehr herzustellen beziehungsweise zu machen, ist der beste Weg, sich wegzurationalisieren, das Unternehmen in die Erfolglosigkeit, in die Verlustzone zu bringen, weil es heute viele Anbieter gibt, die dieses Produkt ebenso gut an die Kundschaft bringen können. Das kann daher nicht die Strategie im Interesse Österreichs sein!

Meine Damen und Herren! Moderne Industriepolitik bedeutet moderne Rahmenbedingungen, und diese heißen: schnelle Unternehmensgründung, die Kostenseite für die Unternehmer im Auge zu haben, Lohnnebenkosten zu senken – so wie es diese Bundesregierung sich auch vorgenommen hat, und zwar in der Größenordnung von 15 Milliarden Schilling –, um mehr Unternehmertum zu schaffen und dazu beizutragen, dass es mehr Beschäftigte in Österreich gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Moderne Rahmenbedingungen heißt des Weiteren: mehr Mitarbeiterqualifikation, mehr Flexibilität, Durchlässigkeit auf dem Arbeitsmarkt, Bildung, Ausbildung und lebenslanges Lernen! Dadurch wird unsere Industrie in Zukunft wettbewerbsfähiger.

Ich bin der Überzeugung, dass diese Strategie der österreichischen Bundesregierung, nämlich jene Unternehmen zu privatisieren, die auch die SPÖ im alten Koalitionsübereinkommen mit der ÖVP, das sie dann nicht unterschreiben wollte, aufgelistet hat – und das sind die Telekom, die Postsparkasse als Bank, die dringend einen privaten Input braucht, der Flughafen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte die Redezeit zu beachten, die ich zu Beginn genannt habe!

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): ... und, zum Schluss kommend, auch die Austria Tabak –, weiterzuführen ist. Das betrifft 28 000 Mitarbeiter, aber ich darf Ihnen versichern, dass ich die Betriebsräte eingeladen habe, um ein Miteinander von Regierung und Belegschaftsvertretung, also den Mitarbeitern, sicherzustellen. Es wird also eine gemeinsame Privatisierung im Interesse der Beschäftigten und der Industrie in Österreich geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Herr Edlinger, da schauen wir aber sehr alt aus gegen den jungen Mann! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger  – in Richtung des Abg. Mag. Schweitzer  –: Sie schauen aber auch alt ...! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

16.48

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen eine Bemerkung zu den heute schon mehrfach angesprochenen Problemen mit den anderen 14 EU-Staaten machen: Wer einen Schulterschluss einfordert, der soll die Ursache nicht verleugnen! Dann können Sie auch von uns einen Schulterschluss haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das ist eine Ausrede, Herr Verzetnitsch! Schulterschluss ist Schulterschluss, und Patriot ist Patriot!)

Meine Damen und Herren! Wer die wechselhafte Vergangenheit der ÖVP im Zusammenhang mit der Geschichte der verstaatlichten Industrie, der staatsnahen Betriebe verfolgt, der hat auch eine dementsprechend "gute" Erklärung zur Hand.

Beim ersten Verstaatlichungsgesetz kam es dazu, dass diese ÖVP mit Mehrheit eingefordert hat, dass diese Betriebe nicht zu Marktpreisen verkaufen, sondern den Aufbau der österreichischen Wirtschaft mit Preisen unter dem Marktwert stützen, das heißt mit Subventionen, die man den Unternehmen geben konnte. Heute hat man das Gefühl, der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, jetzt kann er abtreten, jetzt privatisieren wir auf Teufel komm raus. (Beifall bei der SPÖ.)


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