Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 152

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18.34

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Mag. Trattner hat im ersten Teil seines Debattenbeitrages hier beim Rednerpult unrichtig behauptet, die Regierung hatte vor, ein Begutachtungsverfahren zu den heute in Behandlung stehenden Gesetzesvorlagen durchzuführen.

Ich berichtige tatsächlich: Wahr ist vielmehr, dass die Regierungsvorlage erstens im Ministerrat ohne vorhergehende Begutachtung beschlossen und dem Haus zugeleitet wurde und zweitens eine Begutachtung nicht vorgesehen war. Erst über öffentlichen Druck haben die beiden Abgeordneten, nämlich der jetzt den Vorsitz führende Zweite Präsident des Nationalrates Thomas Prinzhorn und der Präsident der Bundeswirtschaftskammer, Abgeordneter Ing. Maderthaner, eine Privatbegutachtung in sehr eingeschränkter Form an acht begutachtende Stellen ausgesandt. Erst über einen Antrag des Obmannes des Industrieausschusses, Herrn Abgeordneten Verzetnitsch, und die Beschlussfassung im Industrieausschuss wurde ein Begutachtungsverfahren für alle zur Begutachtung einzuladenden Stellen ermöglicht.

Das heißt, Herr Abgeordneter Trattner, die Regierung war nicht gewillt, ein Begutachtungsverfahren zu dieser wichtigen Materie durchzuführen, und hat diese wichtige Materie wie geringwertiges Wirtschaftsgut behandelt. Ich überlasse es Ihnen, darüber zu urteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.35

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit dieser Gesetzesvorlage erfolgt die wichtigste Weichenstellung für die Industriepolitik dieses Landes. Die Frage, die sich stellt, ist folgende: Welches Ziel wird damit verfolgt? Wenn ich mir die Gesetzesvorlage im Zusammenhang mit dem Ministerratsbeschluss und auch mit dem Regierungsübereinkommen ansehe, dann kann ich ganz einfach sagen, das Ziel, das verfolgt wird, heißt: privatisieren – privatisieren so rasch wie möglich, so viel wie möglich, egal, an wen, und anscheinend auch egal, zu welchem Preis.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist keine Zukunftsstrategie für unsere sehr wichtigen Unternehmen in Österreich. Wenn uns in der Diskussion dauernd vorgeworfen wird, die Sozialdemokratie sei aus fundamentalistischen Gründen gegen die Privatisierung an sich und wolle sozusagen an einem hundertprozentig staatlichen Einfluss auf die Industriebetriebe festhalten, dann wissen Sie alle hier in diesem Haus ganz genau, dass die Sozialdemokratie nicht grundsätzlich gegen Privatisierungen ist, wenn es um sinnvolle Beteiligungen von Investoren geht, wenn ein Konzept dahinter steht, wenn die Interessen der Betriebe, wenn die Interessen der Mitarbeiter und vor allem auch wenn die Interessen Österreichs gewahrt bleiben.

Da frage ich Sie schon: Wo ist hier das industriepolitische Konzept? Wo sind die Interessen der Mitarbeiter, wo sind die Interessen der Betriebe, wo sind die Interessen des österreichischen Steuerzahlers gewahrt? Ich frage mich da: Wo bleibt denn der Patriotismus, der heute im Dringlichen Antrag der Regierungsparteien zum Ausdruck gekommen ist, der "Konsens in Rot-Weiß-Rot", der patriotische Schulterschluss, wenn es um die künftige Industriepolitik und um die österreichischen Interessen an dieser Industriepolitik geht? Und wo bleibt Ihr Patriotismus, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass wertvolle österreichische Betriebe nicht zu verlängerten Werkbänken von Headquarters irgendwo in der Welt werden?

Wo bleibt Ihr Patriotismus, wenn es darum geht, qualifizierte Arbeitsplätze in Österreich zu erhalten? Sie wissen nämlich bei der Form, wie sie in der Gesetzesvorlage festgelegt ist, nicht, wer diese Unternehmen dann übernehmen wird. Ist es jemand, der an der positiven Entwicklung der Betriebe interessiert ist, oder ist es ein Konkurrent, der sich Marktanteile kauft, die Unternehmenszentrale dann in das Ausland verlegt und die Produktionsstätten in Österreich eben nur noch zu verlängerten Werkbänke macht? – Das kostet Arbeitsplätze, das wissen Sie ganz genau. Das ist auch sehr deutlich in den Reden zum Ausdruck gekommen.


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