Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 122

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sehen wurden. Dennoch: Drei Monate Haft für eine freiwillige Liebesbeziehung. – Ist das menschenrechtlich in Ordnung? Das werden Sie mir nicht erklären können. Das ist nicht in Ordnung, und das ist ein Skandal in diesem Land – immer noch! (Beifall bei den Grünen.)

Auch derzeit befindet sich laut Anfragebeantwortung des Herrn Justizministers in einer österreichischen Justizanstalt – er schreibt: "in lediglich einer" – eine ausschließlich wegen des Deliktes nach § 209 StGB verurteilte Person in Strafhaft. – Auch dieser Eine ist zu viel, meine Damen und Herren, vor allem jene von den Regierungsfraktionen!

Auch dieser Eine ist zu viel und wird auch in Zukunft zu viel sein. Acht andere sind in Strafhaft wegen dieses Delikts und anderen Delikten gemeinsam, und zwei befinden sich im Maßnahmenvollzug. Lauter Fälle, in denen laut Europäischer Menschenrechtskonvention eine Menschenrechtsverletzung vorliegt.

Um noch einmal auf das zurückzukommen, was wir heute von Ihnen fordern: Stimmen Sie diesem Fristsetzungsantrag zu! Machen Sie doch endlich das, was in anderen Teilen Europas schon längst gang und gäbe ist! Machen Sie endlich das, was Sie ständig sagen, dass Sie tun, nämlich neu regieren! Machen Sie etwas Neues, um diese Menschenrechtsverletzungen in Österreich endlich abzustellen! Stimmen Sie der Fristsetzung zu! (Abg. Haigermoser: Das sind Kinderrechtsverletzungen, die wollen wir nicht!)

Reden Sie mit Ihrer Justizausschussvorsitzenden Frau Dr. Fekter und sagen Sie ihr, dass sie das auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Justizausschusses nehmen sollte, damit es endlich eine Diskussion darüber gibt, nachdem das Europaparlament, wie gesagt, Österreich schon fünf Mal verurteilt hat!

Noch etwas: Immer wieder – und das war auch in der Debatte im November so – kommt die Verführungstheorie zur Sprache. Ich glaube, Sie wollen einfach nicht hören – wie zum Beispiel beim Expertenhearing im Oktober 1995 hier in diesem Hohen Haus eine große Mehrheit aller Experten und Expertinnen, mit einer Ausnahme, gesagt hat –, dass diese Verführungstheorie bei Personen ab einem Alter von 14 Jahren nicht mehr zieht. Wenn überhaupt, dann prägt das in der Kindheit, aber nicht mehr zwischen 14 und 18 Jahren. Das ist längst gegessen, das ist Wissenschaft aus dem vergangenen Jahrhundert, oder aus dem vorvergangenen, muss man heute fast sagen.

Hören Sie doch endlich einmal jenen zu, die diesbezüglich eine moderne Auffassung haben, eine dem 21. Jahrhundert entsprechende. Daher fordere ich Sie auf: Stimmen Sie diesem Fristsetzungsantrag zu, setzen Sie dieses Thema auf die Tagesordnung der nächsten Justizausschusssitzung! Dann könnten wir im Plenum am 5. Juni endlich dieses mittelalterliche Relikt in der österreichischen Rechtsordnung abschaffen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich als nächster Redner Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.51

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist ja nicht das erste Mal, dass dieses Thema hier im Hohen Hause diskutiert wird. Es ist auch nicht das erste Mal, dass sich die freiheitliche Fraktion gerade über dieses Thema immer über Lächerlichkeit hinweg zu retten versucht, aber zum Thema selbst keine Stellung bezieht. Ich glaube, dass es allgemein bekannt ist, dass hochrangige europäische Institutionen Österreich mehrmals aufgefordert haben, endlich den § 209 StGB zu streichen, und zwar ersatzlos zu streichen, weil er menschenrechtsdiskriminierend ist und weil er letztendlich den Menschenrechten widerspricht. Gerade jetzt, wo die Europäische Union dieser österreichischen Regierung, den österreichischen Regierungsparteien wirklich nicht sehr gut gesinnt ist, wäre das ein Zeichen, sich dem internationalen Standard anzugleichen, sich allen europäischen Demokratien, die schon längst einen anderen Rechtsbestand haben, anzugleichen. Nur Sie verweigern die Zustimmung dazu.


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