Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 30

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

10.39

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Firlinger hat sich gerade selbst eine sehr bezeichnende Antwort gegeben, indem er gesagt hat: Wir werden die Nebenbahnen nicht retten – sprich: er, sprich: seine Fraktion –, da sind konstruktive Kräfte gefragt! – Jawohl! Das kann ich nur ausdrücklich unterstreichen: Da sind wirklich konstruktive Kräfte gefragt! (Beifall bei den Grünen.)

Angesichts dieser Debatte sehe ich mich leider veranlasst, eine ganz persönliche Bemerkung zu machen. Ich bin die Tochter eines Land- und Gastwirtes. Nehmen wir einmal Folgendes an: Unser Gasthaus geht total schlecht, und jedes Schnitzel ist mit 5 000 S pro Jahr subventioniert. Was mache ich in diesem Fall als verantwortungsbewusste Wirtin? – Ich reduziere die Zeiten, in denen ich anbiete, ich mache das Schnitzel noch schlechter, also all die Dinge, die für einen Schnitzelesser attraktiv sind, mache ich partout nicht, und dann wundere ich mich, dass keine Leute mehr in mein Gasthaus kommen. – Also das ist wirklich das Konzept einer Geisterbahn, und das kann ich wirklich nicht verstehen! Es ist völlig abstrus und hat mit Betriebswirtschaft nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Die Einstellung der Nebenbahnen ist wirklich der Höhepunkt einer "Schnitzelbraterei" – unter Anführungszeichen –, die wirklich ihresgleichen sucht! Fahren Sie einmal mit dem Zug von Wien nach Fürstenfeld! Manchmal habe ich den Eindruck, dass keiner von Ihnen jemals mit der Bahn fährt. Wer von Ihnen fährt wirklich mit der Bahn? – Die Tagesrandverbindungen sind gestrichen worden. Es werden zwar Werbekampagnen gemacht, es findet eine Imagewerbung für die ÖBB statt, aber zum Beispiel ein Handy kann man nicht benützen. Wir haben gehört – es wurde uns erzählt –, dass es zum Beispiel auf der Strecke Wien – Paris für 800 Leute nur ein WC gibt. Weiters sind die "Kilometerbank" und die "grüne Bank" gestrichen worden. Das war für Bahnkundinnen und -kunden wirklich ein Schlag ins Gesicht. Die Einstellung der Nebenbahnen ist jetzt nur noch das Tüpferl auf dem "i", und wir lehnen sie auf das Massivste ab. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann nur sagen: Konzept Geisterbahn. Jedes Mal, wenn Sie von Betriebswirtschaft reden, habe ich große Probleme damit. Allein die Gemeinde Wien schießt eine halbe Milliarde zu den ÖV zu. Warum macht sie das?

Noch eine kurze Rechnung, weil vorhin jemand behauptet hat, die Öko-Bilanz zwischen Straße und Bahn sei irgendwie sehr eindeutig. Herr Kukacka war das, glaube ich. Entschuldigen Sie diese banale Bemerkung, aber ich glaube, dass Sie nicht rechnen können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie haben sich nie damit beschäftigt!) Ich nenne Ihnen jetzt ein paar Zahlen: 31 Prozent des Gesamtenergieaufkommens werden in Österreich vom Verkehr verbraucht. 81 Prozent der Energiemenge werden durch den Straßenverkehr verbraucht, und nur 4 Prozent durch den gesamten Schienen-Infrastrukturverkehr. Ich wiederhole: 4 Prozent! Das ist eine sehr eindeutige Rechnung, und ich glaube, daran kann man nicht rütteln.

Herr Bundesminister! Eine Frage an Sie: Haben Sie sich schon jemals den Kopf darüber zerbrochen, was es heißt, in Österreich ein Klimaschutzkonzept zu machen? Haben Sie überlegt, dass das auch heißt, im Verkehrsbereich eine öffentliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, damit man sozusagen nicht irgendwie "das Letzte" ist, wenn man sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Österreich bewegt? – Ich habe den Eindruck, dass auch Sie nie mit der Bahn fahren.

Die CO2-Emissionen in Österreich, die dem Verkehr zugerechnet werden, sind seit dem Jahre 1990 um ein Viertel angestiegen. Ich betone: um ein Viertel! Das ist eine ganz dramatische Entwicklung. Ohne diese Entwicklung im Verkehrsbereich hätten wir unsere Klimaschutzziele in Sichtweite, in einer Entfernung, die wir erreichen könnten. (Abg. Neudeck: Da müssen Sie aber daheim bleiben!) Seit dem Jahre 1998 haben wir in diesem Bereich überhaupt einen Höchststand erreicht, und es gibt keine Trendwende. Vor allem im Verkehrsbereich zeichnet sich keine Trendwende ab. Ich frage Sie daher, Herr Bundesminister: Haben Sie sich schon überlegt, was Sie in diesem Verkehrsbereich machen, um die CO2-Emissionen zu reduzieren? – Die


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