Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 48

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ren, es transparenter, lesbarer und übersichtlicher zu gestalten, die Zins- und Mietregulierungen für die Mieterinnen und Mieter überhaupt erklärbar zu gestalten. Wir haben – lesen Sie das in der Fachliteratur nach – einen Dschungel von Zins- und Mietmöglichkeiten, je nach Bundesland und Förderungstyp, mit den Zu- und Abschlägen auch im freien Bereich. Dafür wurden bereits Beispiele genannt.

Statt dass Sie sich daranmachen, diesen Dschungel zu durchforsten, klare Verhältnisse zu schaffen, klare, transparente Regelungen auch in diesem Lebensbereich einzuführen, statt dass Sie den wesentlichen Reformansatz wählen, den Herr Justizminister Michalek bereits im Herbst wieder neu auf die Bühne brachte, gehen Sie den Weg des Flickwerks weiter. Sie praktizieren weiterhin das, was der Wohnrechtsexperte Professor Call sehr treffend mit "Wohnrecht bleibt Fleckerlteppich" bezeichnet hat. Bitte, das ist es, was man Ihnen ins Stammbuch schreiben muss: Mit diesem ersten Reformansatz der neuen Regierung machen Sie das alte Flickwerk nur um ein Stück länger und weiter.

Was wäre notwendig, damit die Umverteilung von unten nach oben nicht auch im Mietrechtsbereich vor sich geht? Was wäre notwendig, dass man andere Wege beschreitet?

Herr Kollege Tancsits! Ich pflichte Ihnen darin bei, dass der Markt durchaus seine Berechtigung hat, nur sind Wohnungen leider keine Wolljacken, keine Textilien, die ich in einem Geschäft in breiter Fülle angeboten bekomme, sondern Wohnungen sind Grund-Infrastruktur, auf die ich zurückgreifen muss, um überhaupt leben zu können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bei dieser Grund-Infrastruktur haben wir in Österreich noch eine vergleichsweise stabile Situation. Ich sage extra: im Vergleich zu anderen EU-Staaten, nämlich den stark liberalisierten, den in Ihrem Sinne liberalisierten, denen Sie mit Ihrer so genannten dynamischen Marktphilosophie nacheifern wollen. Ihr Experte, den Sie in den Ausschuss entsandten, hat sehr wohl auch darauf hingewiesen, dass die befristeten Mietverträge insgesamt zu einer Verteuerung führten. Bitte, das sagt ein ÖVP-Experte! Ich kann es Ihnen noch einmal wörtlich vorlesen. Er sagte: Die Zunahme von befristeten Mietverträgen führt zu Verteuerungen.

Dazu kommt es deshalb, weil der so genannte Richtwert, von dem Sie Ihre schönen 25 Prozent herunterrechnen wollen, ein Wert ist, den man sich richten kann. Der Richtwert ist eine Schimäre! Lesen Sie auch in der Fachliteratur nach: Es ist totes Recht. Ich zitiere Herrn Dr. Johannes Stabentheiner, seines Zeichens Bediensteter im Justizministerium. Er sagte: Der Richtwert wird nicht praktiziert. (Abg. Dr. Fekter: ... nach Komfort!)

Machen Sie den Praxistest! Rufen Sie beim Haus- und Grundbesitzerverband an, und sagen Sie: Ich möchte eine Wohnung vermieten und möchte wissen, was ich verlangen kann, wie hoch der Richtwert ist und wie die Zu- und Abschläge zu gestalten sind. Wie lautet darauf die Antwort? – Die Antwort lautet: Richtwert, den kennen wir nicht! Ich kann Ihnen sagen, was der Immobilienspiegel für gute, schlechte oder mittlere Lage empfiehlt.

So ist es! Darin spiegelt sich die Wohnrechts- und Mietsituation in Österreich sehr deutlich wider. Der Richtwert ist eine rein legistische Nomenklatur, die in der Praxis nicht geltend wird. Insofern sind auch Ihre 25 Prozent an Abschlägen sozusagen eine Seifenblase und werden nicht wirksam.

Ein Element noch aus dieser Wohnrechtsnovelle sozusagen in Richtung Wirtschaftsfreundlichkeit – weil Sie sich immer auch als die Wirtschaftsparteien darstellen –: Gerade die kleineren Betriebe, die kleineren Geschäftsleute werden unter dieser neuen Wohnrechtsnovelle schlechtere Rahmenbedingungen vorfinden, weil sie stark den Befristungen unterliegen. Sie können Zwei-, Drei- oder Vierjahresverträge zwar abschließen, aber die Weitervermietung, die Weiterführung dieser befristeten Mietverträge wird sich sehr wohl daran orientieren, wie in drei oder vier Jahren sozusagen der Geschäftsstand sein wird und ob man nicht die Schraube ein bisschen höher drehen kann, weil der Umsatz passt. Das wird auch für die Nahversorger und für die kleineren Geschäfte mehr oder weniger zu einer Falle werden, in die sie hineingezwungen wer


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