Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 81

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legt, das ja wirklich von einiger "Reife" zeugt. Er hat, weil er ja offensichtlich sprachlich so phantasiereich ist, etwas vor sich hingesagt, wozu er dann, nachdem in der Öffentlichkeit mehr als wirkliche Abscheu über diesen Satz geäußert wurde, gemeint hat: Ach, tut mir Leid, das habe ich als Niederösterreicher mir mit meiner sprachlichen Formulierungskunst selbst überlegt. – "Selbst überlegt", nämlich Termini und Redewendungen aus der nationalsozialistischen Zeit, die damals so etwas waren wie die Verfassung des Geistes, der diese Zeit geprägt hat. – Und er sagt, das habe er sich sprachlich so zusammenformuliert!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Thema ist jetzt nicht die Glaubwürdigkeit der Argumentation des Kollegen Windholz, sondern die Reaktion der einfachen Parteimitglieder der Freiheitlichen Partei. Die einfachen Parteimitglieder der Freiheitlichen Partei sagen zum Zitieren von SS-Sprüchen – jetzt zitiere ich wörtlich –:

Es kann keine schlechte Sache sein, wenn sich jemand zu Anständigkeit, Treue, Ehrlichkeit und Leistungsbewusstsein bekennt. (Abg. Gradwohl: Hört! Hört!)

Kommt es Ihnen nicht irgendwie bekannt vor, dass es keine schlechte Sache sein kann, die Beschäftigungspolitik des nationalsozialistischen Reiches gutzuheißen, dass es keine schlechte Sache sein kann, die Waffen-SS face to face zu belobigen, dass es keine schlechte Sache sein kann, in die Nähe der Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen zu kommen, wie wir das bedauerlicherweise auch von einem ehemaligen Abgeordneten-Kollegen, nämlich Gudenus, damals erlebt haben, der sich jetzt die wahre Geschmacklosigkeit leistet, Entschädigungszahlungen an Zwangsarbeiter als Schutzgeld zu bezeichnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist System! Das ist das System, das die Freiheitlichen permanent anwenden, seit ich sie beobachte (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Pittermann ): Man sagt etwas, sagt dann: Entschuldigung, es tut mir Leid, das ist mir gerade so en passant eingefallen!, oder: Tut mir Leid, ich nehme alles zurück!, dann aber wird das, was vorher entschuldigend zurückgenommen wurde, im dritten Satz danach wieder bekräftigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Saat, die gesät wird, geht wohl auf! Die "Kameraden" – unter Anführungszeichen – verstehen Ihre Botschaften, die Sie an sie aussenden, die verstehen sie sehr gut. Das ist es auch, was Sie bezwecken. Sie bezwecken mit diesem sprachlichen Umgang, die Sensibilität, die in diesem Zusammenhang gefragt wäre, ständig zu unterminieren, weil Sie dort Botschaften zu verschicken haben, weil das Ihre Überzeugung ist, weil es noch nie eine wirklich glaubwürdige Distanzierung gegeben hat, weil Ihr Verhältnis zur Vergangenheit Österreichs ein fragwürdiges ist (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch ), weil nämlich eine Partei, deren einfaches Parteimitglied Österreich als Missgeburt bezeichnet (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner ), der erste Fall dafür wäre, den § 248 StGB anzuwenden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! § 248 gehört jedoch abgeschafft, und es gehört geklärt, ob das, was Kollege Windholz – mit welchem Bewusstsein und mit welcher Formulierkunst auch immer ausgestattet – gesagt hat, nicht dem Tatbestand des § 3 g Verbotsgesetz unterliegt. Das ist das, was ich heute erwarte, vor allem von Herrn Bundesminister Dr. Böhmdorfer. Sie, Herr Bundesminister, sind oberster Herr der Staatsanwaltschaft, Sie sind dafür verantwortlich, dass diese tätig wird, wenn das in den Zeitungen zu lesen ist. Ich nehme an, dass die Staatsanwälte so wie Sie, Herr Bundesminister, und ich Zeitung lesen. Ich bin ja auch nicht neben Herrn Windholz gestanden, als er das gesagt hat, aber es ist in allen österreichischen Medien transportiert worden. Da brauche ich keine Sachverhaltsdarstellungen, da braucht niemand Briefe an die Staatsanwaltschaft zu richten, da brauche ich keine Anzeigen von den Sicherheitsbehörden in Niederösterreich – da habe ich zu handeln, da habe ich zu klären und da habe ich zu prüfen! Wenn das nicht geschieht, Herr Bundesminister, dann haben Sie anzuordnen, dass es geschieht. Das erwarten wir, Herr Bundesminister, und das möchten wir heute auch hier geklärt haben.

Das wäre ein wirklicher Beitrag, den Sie in Ihrer Verantwortung als Ressortminister, aber auch als Mitglied dieser Bundesregierung im Sinne der schon erwähnten Präambel, die die beiden


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