Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 80

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wahrscheinlich haben sehr viele oder fast alle Leute in Österreich gar nicht gewusst, dass es den § 248 StGB überhaupt gibt. So "bedeutsam" ist er in der Judikatur und, wenn Sie so wollen, im Gesellschaftsleben der letzten Jahrzehnte gewesen – bis ein einfaches Parteimitglied der Freiheitlichen Partei auf die Idee gekommen ist, diesen Paragraphen heranzuziehen, um das hier zu diskutieren.

Herr Bundesminister, wir hatten ja schon mehrfach die Gelegenheit, das hier zu diskutieren, nicht zuletzt im Rahmen des Misstrauensantrages, den die grüne Fraktion gegen Sie gestellt hat im Zusammenhang mit der Idee der Kriminalisierung der Opposition, das heißt der Kritiker der Regierung und der Kritiker von politischen Zusammenhängen in Österreich, der Kritik, die aus Kreisen der Opposition kommt. Da hat man offenbar ins Strafgesetzbuch geschaut und nachgeschaut, wo "Staat" steht, und hat gemeint, da könnte man das anhängen.

Herr Bundesminister! Ich habe schon damals Ihre Argumentation, die Sie zu Ihrer "Verteidigung" – unter Anführungszeichen – im Nationalrat vorgebracht haben, nicht ganz verstanden. Daher wäre es interessant, jetzt eine authentische Interpretation Ihrerseits zum § 248 StGB zu hören; zu hören, wie dieser vom einfachen Parteimitglied und der Vizekanzlerin wiederholt geäußerte – der Herr Bundeskanzler hat sich dazu verschwiegen, er hat sich nie dazu geäußert – Anschlag auf die Demokratie, den Rechtsstaat und die Liberalität in diesem Land zu verstehen ist (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel ), um nicht immer nur die politische Opposition anzusprechen.

Meiner persönlichen Ansicht nach – die grüne Fraktion ist einhellig dieser Meinung – hat § 248 StGB heute einfach nichts mehr im Strafgesetzbuch verloren, weil er in Wahrheit in den letzten Jahrzehnten nichts anderes war und ist als der Versuch, künstlerische Freiheit einzuschränken – so wurde er nämlich angewandt – und Künstler zu kriminalisieren. Das ist die eine Ebene, und die andere Ebene ist praktisch – ich sage das jetzt so, obwohl es technisch nicht korrekt ist – totes Recht.

Deshalb bringe ich folgenden Abänderungsantrag im Zuge der Diskussion um die fahrlässige Krida ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Regierungsvorlage (92 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (146 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB) BGBl. 60/1974 in der Fassung BGBl. I 153/1998 und die Strafprozeßordnung geändert werden, wird wie folgt ergänzt:

Nach Artikel I. 2. wird folgender Punkt 3. eingefügt:

3. § 248 (Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole) entfällt.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nun zu dem, was wir in den letzten Tagen erlebt haben und was wir alles in diesen Kontext stellen können, zur Vorgangsweise einer Regierungspartei – bis vor ein paar Monaten war sie eine Oppositionspartei, aber jetzt ist sie eine in Verantwortung stehende und damit Österreich nach außen repräsentierende Partei –, dazu, wie sie es mit der Gegenwart dieses Landes – siehe Haider und seinen Anschlag auf die Demokratie, auf die freie Meinungsäußerung und auf das freie Mandat im Zusammenhang mit der Kriminalisierung der Opposition – hält. Auf der anderen Seite geht es darum, wie man es mit der Vergangenheit hält – und jetzt mit dem sprachlichen Umgang mit der Vergangenheit.

Es hat – bedauerlicherweise, muss ich sagen; ich schäme mich ja dafür – ein Abgeordneten-Kollege dieses Hauses, nämlich Kollege Windholz, ein geschichtliches Wissen an den Tag ge


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite