Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 93

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Gesetz es verdient hätte, die Zustimmung des gesamten Hohen Hauses zu bekommen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Oje! Nein!)

14.54

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worauf bereits das einbegleitende Raunen hingewiesen hat: Die Ehre der freiheitlichen Abgeordneten heißt offensichtlich nicht nur heute Treue. (Abg. Haigermoser: Peter, wir haben nicht geraunt!)

Es ist keine Kleinigkeit, wenn hier Abgeordnete sitzen, deren Ehre Treue heißt, und wenn ein Justizminister offensichtlich bei einschlägigen öffentlichen Äußerungen bei seiner Ehre derart der Treue seiner Partei gegenüber verpflichtet ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, wie ein Rechtsorgan dieses Staates auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit zu handeln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Treue und Ehre sind ja nichts Schlechtes!)

Ich erwarte mir an und für sich von Abgeordneten dieses Hauses, dass sie nicht Hitler-Worten auf Runendolchen verpflichtet sind, sondern den Gesetzen dieser Republik, der Demokratie, den Bürgerrechten, den Menschenrechten und den Grundsätzen der Liberalität. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber Sie haben ja eine Entschuldigung, und auch Herr Klubobmann Khol hat eine Entschuldigung: der niederösterreichische freiheitliche Landeschef habe das alles unbewusst geäußert. "Unbewusst" ist die neueste Entschuldigung, wenn schon vom Runendolch weg bei politischen Veranstaltungen zitiert wird. Unbewusst!

Meine Damen und Herren! Das mag vielleicht in der Freiheitlichen Partei unbewusst sein. In der Österreichischen Volkspartei ist damit aber bereits der höchste Zustand der Bewusstlosigkeit erreicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie stellen Sie es sich vor, Herr Dr. Khol, von Brüssel die Aufhebung der Sanktionen zu verlangen (Abg. Dr. Jarolim: Stimmt ja gar nicht, Schüssel hat die Aufhebung der Sanktionen abgelehnt!), wenn Sie wissen, dass Österreich zu Recht beobachtet wird und genau beobachtet wird, und Sie nicht einmal dazu in der Lage sind, zu verhindern, dass Ihr Koalitionspartner Parteitage mit Hitlerzitaten gestaltet: von der ordentlichen Beschäftigungspolitik bis zur Verherrlichung der Waffen-SS. Und dann stehen Sie auf, und sagen, die Europäische Union soll ihre Sanktionen zurückziehen.

Meine Damen und Herren! Das ist eine derartige Absenz von politischem Realismus. Wie können Sie glauben, dass irgendwer in Brüssel, in Paris, in Lissabon, in London heute sagen kann: Schluss mit den Sanktionen! (Abg. Dr. Fekter: Sie sorgen dafür, dass es nicht dazu kommt!) Diese Regierung hat sich als harmlos und integrierbar erwiesen! Wir können bilaterale Kontakte so wie früher wieder pflegen!

Ein portugiesischer Außenminister, ein belgischer Ministerpräsident weiß ja nicht, was auf ihn als Nächstes zukommt, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, sich von Hitlerzitierern glaubhaft und öffentlich zu distanzieren und auch persönliche Konsequenzen zu verlangen. Wenn Sie einfach nur sagen, das sei nur unbewusst passiert, dann wird die Europäische Union gar keine andere Möglichkeit haben, als auf der Basis der 14 diese Sanktionen, auch wenn wir – einige von uns – gemeinsam einen Ausweg suchen, weiter zu verhängen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was haben Sie gegen Treue, Herr Pilz?)

Frau Kollegin Partik-Pablé! Ich habe nichts gegen Treue, aber ich habe alles gegen "Treue zur Waffen-SS", zur "Volksgemeinschaft", zur "ordentlichen Beschäftigungspolitik", und ich habe alles gegen Distanzlosigkeit gegenüber dem Nationalsozialismus! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da war doch keine Rede davon!) Da, Frau Dr. Partik-Pablé,


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