Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 95

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In diesem Sinne werde ich zunächst dem Herrn Klubvorsitzenden Dr. Kostelka, dann dem Herrn Klubobmann Ing. Westenthaler, danach Herrn Klubobmann Dr. Khol und schließlich Herrn Klubobmann Dr. Van der Bellen das Wort erteilen, und dann die Begründung der Dringlichen Anfrage aufrufen.

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Da die Dringliche Anfrage allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch einen Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Am 2. Juni 2000 scheint es einem Teil der Koalition bewusst geworden zu sein, dass die Auswirkungen der schwarzblauen Belastungspakete ab 1. Juni 2000 besonders massiv die BezieherInnen von kleinen und mittleren Einkommen treffen. Dagegen verspricht diese Koalition noch im Laufe dieser Legislaturperiode undifferenziert Geschenke an ihr Klientel.

Charakteristisch für die Politik dieser Koalition ist es, unter dem Vorwand der Budgetkonsolidierung massive Umverteilungspakete zu beschließen, die die kleinen und mittleren Einkommen besonders belasten und die hohen Einkommen entlasten.

Ein Beispiel für solche Umverteilungspakete sind die im Zuge des Budgetbegleitgesetzes beschlossenen Erhöhungen der indirekten Steuern (Stromsteuer, Tabaksteuer, motorbezogene Versicherungssteuer, Umsatzsteuer auf Speisen, Besteuerung des Weinverkaufs durch Weinbauern, Erhöhung der Steuern auf Kaffee und Tee, Erhöhung der Biersteuer, der Alkoholsteuer, der Schaumweinsteuer, Erhöhung des Kunstförderungsbeitrages) und Gebühren (massive Erhöhungen bei Reisepässen und Führerscheinen, Wegfall der Gerichtsgebührenbefreiung für Bausparkassendarlehen und Eintragungen ins Grundbuch etc.) Damit werden den unteren und mittleren Einkommensgruppen, die von der Steuerreform 2000 besonders profitiert haben, diese Einkommenszuwächse nun gezielt weggenommen.

Ein weiteres massives Umverteilungspaket plant diese Koalition im Bereich der Sozial- und Familienpolitik: Die Ansprüche der PensionistInnen, die in der großen Mehrzahl zu den kleinen EinkommensbezieherInnen zählen, werden massiv beschnitten, dagegen werden zusätzliche Familienleistungen in Milliardenhöhe für Personengruppen, die diese gar nicht benötigen (z.B. durch die Aufhebung der Einkommensobergrenze bei der Mehrkindstaffel), ausgeschüttet. Auch dieser negative Umverteilungskreislauf wird nichts zur Budgetkonsolidierung beitragen.

Eine besondere Zielgruppe dieser Koalition sind die Unternehmer, die ebenfalls mit einem milliardenschweren Umverteilungspaket begünstigt werden sollen. Unter dem Vorwand der Lohnnebenkostensenkung werden die Sozialversicherungsträger und deren Versicherte belastet um die dadurch freiwerdenden Mittel zu Steigerung der Unternehmergewinne einsetzen zu können. Angesichts der günstigen konjunkturellen Situation stellen diese Maßnahmen reine Umverteilungspolitik ohne wirtschaftspolitische Steuerungsfunktionen dar.

Darüber hinaus wurden von der Regierung bereits weitere Gebührenerhöhungen angekündigt, die einen Mehrerlös von 4 Milliarden Schilling ab 2001 bringen sollen. Durch diese Gebührenerhöhungen werden ebenfalls gezielt untere und mittlere Einkommensgruppen belastet.

Die Gewinner und Verlierer dieser Politik der Umverteilungspakete stehen schon nach 100 Tagen eindeutig fest: durch die Umverteilungspakete der Koalition verliert das untere Einkommensdrittel 1,6 Prozent seines Einkommens, das mittlere Einkommensdrittel 1,1 Prozent und das oberste Einkommensdrittel hingegen nur 0,8 Prozent. Das heißt: die unteren Einkommensbezieher werden gezielt doppelt so stark belastet wie die obersten Einkommensbezieher. Anderseits profitiert überwiegend das oberste Einkommensdrittel von den Maßnahmen der Familienpolitik und der Lohnnebenkostensenkung.


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