Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 153

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kann sich überhaupt fragen, warum ich in einer Zeit wie heute eine Preisbindung mache. Das verursacht in einer Zeit, in der liberalisiert wird, in der Grenzen fallen, in der der freie Wettbewerb eigentlich das Thema ist, ein gewisses Unbehagen. Warum binde ich den Preis? Warum liberalisiere ich nicht überhaupt? – Unser Zugang dazu ist, dass wir ein Gut liberalisieren, das nicht eine Ware, sondern ein Kulturgut ist, nämlich das Buch.

Ich habe Ihnen zwei Bücher mitgebracht. Ich weiß nicht, ob Sie wussten, dass die Bibliothek des Parlaments 1869 gegründet wurde und dass sie 300 000 Bücher beinhaltet. Dieses Buch hier ist das älteste Buch – es stammt aus der Zeit von 1720 –, das in dieser Parlamentsbibliothek zu finden ist. (Die Rednerin hält ein Buch in die Höhe.) Schlägt man die erste Seite auf, so stellt man fest, es ist ein Buch über die vornehmsten Grundgesetze von Europa – also durchaus etwas in unsere Zeit Passendes mit einem wunderschönen Einband.

Aber auch das zweite Buch, das ich Ihnen mitgebracht habe, ist wunderschön und zeigt, dass das Buch damals nicht Massenware war, sondern elitäres Gut. (Die Rednerin hält ein weiteres Buch in die Höhe.) Sie sehen einen wunderschönen Einband eines Buches, das um die Jahrhundertwende entstanden ist und verlegt wurde.

Dieser Meinung, dass das Buch Kulturgut und nicht Ware ist, schließt sich schön langsam ganz Europa an. Im Colloque de l’économie du livre dans l’espace européen, das in Strassburg im September 2000 stattfinden wird, diskutieren alle EU-Mitgliedsländer über die sowohl innerstaatlichen als auch außerstaatlichen Regelungen der Buchpreisbindung in Europa.

Gerade dieser über 100-jährige Bestand der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung zwischen Österreich und Deutschland hat uns eine Vielfalt im Verlagswesen, im Buchhandelswesen und am Buchmarkt gebracht, die einzigartig in ganz Europa ist. Wir haben die größte Anzahl und Vielfalt an Büchern in der deutschsprachigen Literatur, und genau das wollen wir uns erhalten: die Vielfalt des Buches. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wollen, dass bei uns alles erhaltbar ist: der Klassiker, der Bestseller, die Lyrik, das etwas spröde Werk des jungen Autors, das noch nicht verlagsstark ist, das sich in der Auflage noch nicht rechnet, sondern halt ganz einfach Unterstützung braucht. Das alles wollen wir uns erhalten. Erhalten wollen wir uns aber auch etwas anderes, etwas, was Sie selber sicherlich alle kennen, nämlich das Flair einer echten Buchhandlung, einer Buchhandlung, in der man noch stöbern kann, in der man die Zeit vergessen kann, in der man die Welt vergessen kann, und durchaus auch das sinnliche Erlebnis, das ich noch haben kann, wenn ich ein Buch in die Hand nehme oder wenn ich mir ein besonders schönes Buch leiste. Das wird mir gerade Herr Abgeordneter Cap zugeben, der auch schon argumentiert hat, dass er diese gewisse Sinnlichkeit beim Buch verspürt. (Abg. Haigermoser: Und bei den französischen Rotweinen!)

Es ist uns daher ein Anliegen, mit diesem Gesetz vor allem die kleinen und mittleren Buchhändler zu erhalten und sie in einer fünfjährigen Übergangsfrist – und da waren wir alle d’accord – auf die neue Marktsituation vorzubereiten und umzustellen. Und eine dieser neuen Marktsituationen, die von uns am meisten diskutierte, die oft wieder geänderte, ist eben der Buchhandel im Internet. Noch beträgt er, wie Sie sagten, nur zirka 2 Prozent des derzeitigen Buchhandels, noch vermag ich persönlich, wenn ich den Bildschirm des PCs streichle, noch nicht das gleiche sinnliche Erlebnis zu haben, wie wenn ich über ein Buch streiche, aber vielleicht kommt das noch. Im Zeitalter des Cyber-Sex kann es durchaus möglich sein, Herr Abgeordneter Cap, dass man beim Kauf eines Buches oder beim Handel eines Buches noch ganz andere Gefühle erwecken kann.

Eine der bekanntesten österreichischen Wochenendzeitungen hat Internetanbieter getestet. Sieben österreichische und fünf deutsche Online-Buchhändler wurden unter die Lupe genommen. Fazit der gesamten Aktion: Shopping im Internet ist eine interessante, weil neue, aber derzeit noch nicht billigere und schnellere Alternative zum herkömmlichen Verkauf im Buchhandel. Aber trotzdem, keine Frage: Der virtuelle Buchhandel ist ein neuer Handelsweg im gesamten Buchhandel. Und wir haben uns die Diskussion darüber – und das können Sie uns alle bestätigen – wirklich nicht leicht gemacht. Wir sind aber letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass wir


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