Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 174

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machen auch Sie nur das Geschäft der Schlepperbanden. Damit machen Sie sich legistisch quasi zu Komplizen dieser Tätigkeiten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Seien Sie doch realistisch!)  – So realistisch wie das Sicherheitsinstitut der WEU, vielleicht schenken Sie dem Glauben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... Traumland ist das!)

Bezüglich der Aufenthaltsrechte für Kinder gibt es eine tatsächlich skurrile Regelung, und abgesehen von der mangelnden christlichen Fundierung dieser Haltung steht sie auch nicht in Übereinstimmung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Warum also Artikel 8, nämlich die Freiheit im Privat- und Familienleben, dass sich also in Familien die Partnerinnen und Partner ihre Lebensumstände selbst vereinbaren können, für ausländische Familien nicht gelten soll, müssen Sie erst erklären. Und warum Sie zwei Kategorien von Familie schaffen, erklärt sich offenbar nur aus einer blau-schwarzen Ideologie, rechtlich ist das daraus nicht ableitbar.

Aber der eigentliche Punkt, zu dem ich Stellung nehmen will, betrifft auch die Erntearbeiterinnen und Erntearbeiter. Ich teile die verfassungsrechtlichen Bedenken, die soeben vorgebracht worden sind, denn es wird damit erstmals ein Lohndumping per Gesetz ermöglicht. Es hätte durchaus Möglichkeiten gegeben, das auf verfassungskonformem Weg zu lösen. Wenn man allerdings erst in letzter Minute und offenbar mit sehr, sehr schlechtem Gewissen mit einem Änderungsantrag, mit dem man in das Sozialversicherungsrecht eingreift, in den Ausschuss kommt – quasi in letzter Minute, damit wir es bloß nicht begutachten lassen müssen –, dann zeugt allein schon diese Vorgangsweise von Ihrem schlechten Gewissen und auch von der mangelnden Fundiertheit dieser Absicht.

Meine Damen und Herren! Dieser Vorschlag entspricht letztlich genau dem, was die Freiheitlichen vor fast zehn Jahren, nämlich im Jahre 1991, beantragt haben – damals ist es noch auf einhellige Ablehnung der Regierungsparteien gestoßen –, nämlich ein Zeitarbeitermodell ohne volle Sozialversicherungspflicht einzuführen. Das war der Antrag 96/A (E) vom 27. Februar 1991. Ich habe gedacht, so etwas wird es in Österreich – zumindest unter dieser Regierung, an der ich viel Kritik anzubringen hatte, auch an der AusländerInnenpolitik der Sozialdemokratie – doch nicht geben. (Abg. Dr. Martin Graf: Das gibt es ja! Deutschland – und da sind die Grünen an der Macht, Rot-Grün! Und in Frankreich – da sind sogar die Kommunisten am ...!)  – Das macht es nicht besser! Dieser Vorstoß bedeutet letztlich die gesetzliche Verankerung des Lohndumpings, die Schaffung von verschiedenen Klassen von ArbeitnehmerInnen und auch einen Eingriff in die Fairness des Wirtschaftens. (Beifall bei den Grünen.)

Ich betone: Aushilfen für einen beschränkten Zeitraum, für einen Urlaubszeitraum, brauchen vielleicht viele Wirtschaftsbranchen, das brauchen vielleicht auch Privathaushalte. Aber wie sind Sie etwa bei Au-pair-Kräften, bei Studentinnen und Studenten, die vielleicht vorübergehend in den Sommerferien einen Job gebraucht hätten, um sich einen Sprachkurs, eine Ausbildung zu finanzieren, vorgegangen? – Das fällt selbstverständlich unter die volle Härte des Gesetzes, unter die volle sozialversicherungsrechtliche Pflichtversicherung. Nur für einen ganz bestimmten Wirtschaftsbereich und de facto nur für Ostösterreich – denn Sie haben ja gesagt, es handle sich um GrenzgängerInnen – wird nun eine Ausnahme geschaffen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Weil die Ernte so etwas erfordert, Frau Petrovic!)

Damit sprengen Sie die Verfassung in mehrerlei Hinsicht, da Sie eine branchenspezifische Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht einführen. Warum? Mit welcher Begründung? Die vorübergehende ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Weil die Ernte so etwas erfordert, Frau Petrovic!)  – Es gibt im Sommer in vielen Branchen eine Notwendigkeit, vorübergehend, für wenige Wochen, zusätzliche Leute einzustellen. Das ist also sachlich nicht begründbar.

Vor allem aber scheinen Sie mittlerweile auch die Bestimmungen der Verfassung über das Bundesgebiet als einheitliches Wirtschafts-, Währungs- und Zollgebiet einfach zu ignorieren. – Tut nichts, macht Ihnen nichts, und es ist Ihnen offenbar auch egal, dass es sich dabei außerdem um Menschen handelt und diese auch ihre Lebensplanungen haben (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie können es besser planen, wenn sie mehr Geld haben!), die vielleicht nach einem sechswöchigen Aufenthalt hier draufkommen, dass sie das öfters machen wollen. Sie schaffen damit nämlich auch eine neue Nachfrage, Sie zerreißen dort Familien, Sie lassen alle sozialen Lasten in


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