Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 67

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Bereich gemäß diesem neuen Spargeist, der eigentlich ein Umverteilungs-Ungeist ist, darf hier nicht in Frage kommen.

Herr Bundeskanzler, beweisen Sie mit Ihrer Regierung, dass Sie es ernst meinen und dass Sie, wie Sie es gesagt haben, nicht nur Rhetorik gesetzt haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.49

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, dass ich den bisherigen Redebeiträgen entnehmen konnte, dass so etwas wie eine grundsätzliche Begeisterung dafür herrscht, dass es Gemeinsamkeit in diesem Ausschuss gegeben hat. Aber es gibt einige Kolleginnen und Kollegen, die es offensichtlich nicht lassen können, eigentlich, sage ich einmal, sehr vordergründige Parteipolitik auf dem Rücken der Volksgruppen in Österreich zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe mir heute schon im Rahmen der Diskussion des ersten Tagesordnungspunktes, des Versöhnungsfonds-Gesetzes, gedacht: Es tut dieser Republik, so meine ich, nicht gut, wenn man in einer Art Schuldzuweisungsautomatik bei jeder Entscheidung, die in für die Republik so entscheidenden Dingen fällt, Motive unterstellt, die eben gerade in das eigene parteipolitische Gesichtsfeld passen.

Kollege Posch! Du weißt, ich schätze dich außerordentlich, weil ich weiß, dass du ein Mensch bist, der ungeheuer differenziert zu denken und vor allem auch sehr differenziert zu argumentieren imstande ist. Ich muss aber ganz ehrlich sagen, ich habe mich heute geärgert, ich habe mich wirklich geärgert, da ich meine, dass gerade ein Moment, in dem, wie ich meine, gesamtösterreichische Solidarität eigentlich selbstverständlich ist, weil man hier einen Akt, ein Symbol und ein Signal setzt, das wirklich weit über den Bestand dieser Bundesregierung hinaus ein Signal für das demokratische Österreich ist, nicht der richtige Zeitpunkt ist, durchaus legitime Positionen hier zu vertreten. Und ich meine, dass gerade auch die Diskussion über den Minderheitenschutz in Österreich nicht Anlass dafür sein kann, sich hier in parteipolitischer Polemik zu ergehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe durch Zufall eine "Festschrift anlässlich des 65. Geburtstages von Prof. DDr. DDr. h. c. Friedrich Koja" in die Hände bekommen, in der Professor Öhlinger einen bemerkenswerten Artikel über den "Verfassungsschutz ethnischer Gruppen in Österreich" geschrieben hat. Es scheint mir besonders die Einleitung sehr beachtenswert zu sein, in der er schreibt – und ich zitiere –:

"Wer über die Rechtslage der ethnischen Gruppen – und sei es auch nur über den Teilaspekt des verfassungsrechtlichen Schutzes – sprechen will, sieht sich mit einer spezifischen Schwierigkeit konfrontiert: Wie bei kaum einem anderen Thema wird auf dem Gebiet des Minderheiten- oder Volksgruppenschutzes deutlich, daß die Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts begrenzt sind und daß sowohl die Schaffung von Rechtsnormen als auch ihre Durchsetzung von der Bereitschaft der Menschen abhängen, Normen zu akzeptieren. Diese Akzeptanz ist in hohem Maße prekär. Eine rationale Diskussion der Rechtsprobleme ethnischer Minderheiten ist überlagert von Emotionen, Vorurteilen und Ängsten.

Die Vorurteile und Ängste gegenüber dem Fremden – in einem weiten Sinn dieses Wortes – sind in Österreich in den letzten Jahren erschreckend gewachsen. Es ist vor allem die Zuwanderung von Ausländern – also Fremden im engeren rechtlichen Sinn – und die damit zusammenhängende Entstehung neuer ethnischer Gruppen, die bei vielen Österreichern solche Ängste ausgelöst oder verstärkt haben. Die ,autochthonen‘ ethnischen Gruppen in Österreich sind insofern nur indirekt Opfer dieser Entwicklung.


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