Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 51

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Weil Sie, Frau Vizekanzlerin, darauf hingewiesen haben, dass Sie solidarisch zum Herrn Justizminister stehen, sage ich Ihnen ganz offen meine Meinung: Ein Justizminister, der der Vollstrecker einer Politik ist, die die freie Meinung durch die freiheitliche Meinung ersetzen will, ein Justizminister, dessen Kanzlei das Hauptquartier der Klagenflut der FPÖ gegen ihre missliebigen Kritiker ist, ein Justizminister, der Journalisten, die recherchieren, weil es ihr Job ist, die Staatspolizei nachschickt, und ein Justizminister, dem das Demokratiegefährdende seines Handelns erneut bestätigt wurde, ist in einem demokratischen Österreich nicht tragbar, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Tun Sie daher das einzig Richtige: Treten Sie zurück! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

11.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Gusenbauer muss bleiben! Wir sagen das auch! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Gusenbauer muss bleiben!)

11.14

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher heute via Fernsehschirme an dieser Debatte beteiligen können (Rufe bei der SPÖ: Wir auch!), denn so können sie sich selber eine Meinung darüber bilden, wer hier kaltschnäuzig geredet hat: der Herr Bundeskanzler oder Sie, Herr Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber jetzt möchte ich wieder zur Sache kommen. – Am 12. September 2000 wurden die Sanktionen aufgehoben, und Österreich wurde vom Eis einer internationalen Ächtung befreit. Und da kann man nur sagen: Danke all jenen, die daran mitgewirkt haben!, aber man kann nicht zur Tagesordnung übergehen, denn nur derjenige, der die Vergangenheit versteht, kann die Zukunft gestalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die drei EU-Experten haben einen Bericht über Österreich abgegeben. Es war ein Wagnis, meine Damen und Herren, und viele Österreicherinnen und Österreicher haben es nicht verstanden, warum wir uns als souveräne freie Nation drei Experten sozusagen stellen mussten. Die drei Experten haben uns gewogen und haben uns ein Urteil ausgestellt, das dieses Wagnis gerechtfertigt hat, denn welche Regierung in Europa – und zwar die ganze Bundesregierung! – hat es schriftlich, dass sie die europäischen Grundwerte beachtet, welche europäische Regierung hat es schriftlich, dass sie die noble Tradition einer großzügigen Behandlung der Asylanten, der Flüchtlinge und der Einwanderer fortsetzt, und welche Regierung hat es schriftlich, dass ihre Minderheitenpolitik weit über dem Standard anderer europäischer Länder liegt? Darauf können wir stolz sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Risiko dieser Prozedur hat sich gelohnt. Es wurde Klarheit geschaffen, auch wenn manche immer noch bei ihren Vorurteilen bleiben.

Meine Damen und Herren! Wenn man mit einem Finger auf jemanden zeigt, zeigen immer drei Finger auf einen selber zurück, und diese Wahrheit sollten wir auch bei diesem Bericht beherzigen. Wir werden ihn ernst nehmen, und ich glaube, dass am Beginn dieser meiner Rede klargestellt werden muss, dass natürlich Anregungen darin enthalten sind, die wir ernst nehmen, etwa was die Verfahrensdauer bei Asylanträgen betrifft, was die Bedingungen der Schubhaft betrifft, was die Kritik an der Gerichtsorganisation betrifft, nämlich dass unterschiedliche Gerichte unterschiedlich urteilen und Standards des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht umsetzen. Das alles werden wir tun! Aber über allem, meine Damen und Herren, steht Folgendes: Diese Regierung verteidigt europäische Grundwerte! – Und darauf bin ich stolz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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