Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 73

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Arges und Böses gegen Österreich geplant. – Das ist ja möglich. (Abg. Jung: Dann hat er von den Schulden auch nichts gewusst!)

Es ist aber auch möglich, Licht ins Dunkel zu bringen, und das verdanken wir der Kanzlei Dr. Böhmdorfer. Am 10. Februar 2000 hat die Kanzlei Dr. Böhmdorfer eine Klage eingebracht. Der Kläger heißt Jörg Haider, und ich werde anstelle des Begriffes "Kläger" jetzt bei meinem wörtlichen Zitat immer – der besseren Verständlichkeit halber – "Jörg Haider" sagen. Ich zitiere aus der Klagsschrift der Kanzlei Böhmdorfer.

"Am 24.1.2000 abends" – also am 24. Jänner, vor Beginn der Sanktionen, vor der Regierungsbildung – "gab es ein weiteres Gespräch zwischen ,Jörg Haider‘ und dem Herrn Innenminister Mag. Karl Schlögl in dessen Ministerbüro. Dabei teilte der Herr Innenminister mit, dass die SPÖ noch Zeit benötigen würde, um innerhalb der SPÖ die notwendigen Beschlüsse treffen zu können. ,Jörg Haider‘ wurde aufgefordert, vorerst mit Verhandlungen mit der ÖVP abzuwarten.

Am 2. Feber 2000 vormittags kam es zu einem zufälligen Aufeinandertreffen in der Nähe des Parlaments zwischen Herrn Innenminister Mag. Karl Schlögl und Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter (Kärnten) Ing. Mathias Reichhold, die seit vielen Jahren per du verkehren. In einem kurzen Gespräch teilte Herr Mag. Schlögl mit, dass er es bedauere, dass die von ihm unterstützte Öffnung zur FPÖ nicht weiter verfolgt wurde und dass jedenfalls die SPÖ die FPÖ hinsichtlich ausländischer Kritik besser unterstützen hätte können."

Das eine – also das Treffen im Ministerbüro mit dem Angebot, über die Bildung einer gemeinsamen Regierung oder der Unterstützung einer Minderheitsregierung zu verhandeln – ereignete sich vor der Verhängung der Sanktionen und der Regierungsbildung, das andere – der Ausdruck des Bedauerns, dass es dazu nicht gekommen sei – nach Verhängung der Sanktionen und nach der Regierungsbildung.

Wenn das stimmt – und da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, muss man immer dazu sagen: "Wenn das stimmt!" –, dann ist die sozialistische Weltverschwörungstheorie am Ende, denn dann sind diejenigen, die sich hier über die sozialistische Weltverschwörung beklagen, mit einem stellvertretenden Parteivorsitzenden der SPÖ in der fraglichen Zeit zusammengesessen und haben eine gemeinsame Regierungsbildung und ein gemeinsames politisches Vorhaben verhandelt.

Ich würde beiden Seiten vorschlagen: Treten Sie einen Schritt zurück, erinnern Sie sich daran, was damals wirklich los war!

Ich befürchte, die Einzigen, die wirklich keine Ahnung von den Vorgängen hinter den Kulissen hatten, waren neben uns Grünen die Regierungsverantwortlichen der 14 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die haben wirklich geglaubt, dass die SPÖ nichts anderes im Sinn hat, als eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu bekämpfen, und konnten nicht wissen, dass zu dieser Zeit wahrscheinlich nur eine Regierungsbeteiligung der FPÖ mit der ÖVP bekämpft wurde. Gleichzeitig konnten sie nicht wissen, dass Vieles, was von Seiten der FPÖ gegen die rote Gefahr, die rote Katze und andere rote Untiere vorgebracht wurde, offensichtlich auch nicht so ernst gemeint war.

Deswegen plädiere ich dafür: Wenn schon Geschichte aufgearbeitet wird, dann bitte jene Geschichte, die wirklich passiert ist! – Das ist das eine.

Das andere ist: Es steht hier ja nicht zufällig "Kanzlei Böhmdorfer" drauf. Nicht nur wir als Vertreter einer Oppositionspartei, sondern auch die so genannten Weisen – also Sachverständige der Europäischen Union – haben ihre Schlüsse gezogen. Und diese Sachverständigen der Europäischen Union sind zu dem Schluss gekommen, hier seien die Verfassungsgrundsätze der Europäischen Union durch ein Regierungsmitglied verletzt worden.

Ich zitiere Ihnen, was das nach Meinung der "drei Weisen" bedeutet: "Dies bedeutet, dass bereits jeder Ansatz einer Regierung oder eines Regierungsmitglieds in Richtung auf die Unterdrückung von Kritik als eine schwere Bedrohung der in Artikel 6 des EU-Vertrags niedergelegten


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