Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 154

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Dieses Problem hinsichtlich des Gelöbnisbruches ist bekannt und in Wirklichkeit auch so zu sehen. Ich sehe keinen Grund dafür, dass der Justizminister, dessen Aussagen nicht richtig wiedergegeben wurden – auch die Pressekonferenz wurde nicht richtig wiedergegeben –, deswegen seinen Hut nehmen sollte. Er hat sich in der parlamentarischen Beantwortung der Anfrage als korrekt wie ein wahrer Demokrat erwiesen, und dafür danke ich ihm auch. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Gegensatz zur Justizpolitik der SPÖ. Da ist uns ja dieser Aktenvermerk, der uns im Jahre 1997/98 zugespielt wurde, immer wieder hilfreich, denn daran erkennen wir, welche Justizpolitik Sie in Wirklichkeit geplant hatten. Dass dieser Minister da nicht mitmacht, wenn Sie mit Ihrem Justizsprecher und anderen Abgeordneten eine Runde versammeln, um die Diskussion über die Justizpolitik nach Ihrem Sinne anzuzetteln, das tut Ihnen weh. Ich zitiere aus diesem Aktenvermerk: "Diskutiert wird eine Reform des Richterdienstgesetzes." So weit, so gut, aber dann geht es wie folgt weiter: "Der Ansatzpunkt wären die Rechtspraktikanten. Hier wäre ein vernünftigeres Auswahlverfahren zu treffen und auch junge Genossinnen und Genossen zu ermutigen, in den Richterdienst zu gehen. Hinsichtlich der Auswahl der Rechtspraktikanten wäre auch zu erwägen, ob eine parlamentarische Anfrage an den Bundesminister für Justiz zu richten wäre, da es auch vollkommen undurchsichtig ist, wie viele übernommen werden und nach welchen Kriterien diese in den Richterdienst übernommen werden."

Etwas weiter unten wird festgestellt: "Das Problem vieler Richter ist, daß es auch keine Zusammenarbeit und kein Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Richtern selbst gibt." (Abg. Schieder: Redezeit!)  – Freiwillige Redezeitbeschränkung, Herr Kollege!

Weiters führen Sie dann an – das ist ja das Bemerkenswerte, da fängt Ihre Gesinnungsschnüffelei nämlich wirklich an –: "Es wird die Idee einer rechtssoziologischen Untersuchung geboren. Richter und Parteibuch" – das wollen Sie untersuchen, und folgende Themen werden schlagwortartig für Ihre Justizpolitik ab dem Jahr 1997 programmatisch festgesetzt: Justiz- und Personalpolitik, Übernahme von Rechtspraktikanten und Richteramtsanwärtern, die Personalsenate, und eine Zentrale für die Weiterleitung von Infos soll in der Löwelstraße, der Parteizentrale der SPÖ, eingerichtet werden. (Abg. Haigermoser: Ah!)

Vernaderertum, Gesinnungsschnüffelei – das ist Ihre Justizpolitik, und da werden wir nicht mitmachen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.22

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Graf, Sie können den Vorwurf des Vernaderertums noch so oft wiederholen, er ist schlicht und einfach falsch. (Abg. Haigermoser: Wer? Wer ist falsch?) Sie versuchen nur eines damit zu erreichen: einen bleiernen Vorhang vor die Politik zu ziehen, für die Sie sich mit Recht genieren müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Da ist nichts mehr zu holen!)

Meine Damen und Herren! Es ist im Grunde genommen heute ein Tag der verlorenen, der verpassten Chancen. (Abg. Rosemarie Bauer: Ja, für die SPÖ!) Der Titel, den sich die beiden Regierungsmitglieder für ihre Erklärung gegeben haben, ist programmatisch gewesen. (Abg. Haigermoser: Da ist nichts mehr drinnen!) Wir haben Erkenntnisse zum Thema "Österreich in Europa" erwartet. Und, Frau Bundesminister – der Herr Bundeskanzler und die Frau Vizekanzler sind ja nicht mehr da –, so inhaltsreich wie der Titel, so inhaltsreich waren auch die beiden Erklärungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei wäre es eine Chance gewesen, sich mit dem Bericht von Ahtisaari, Frowein und Oreja auseinander zu setzen, und es wäre eine Chance für den Bundeskanzler gewesen. Denn solange Sie an diesen Bericht nur nach der "Rosinen-Theorie" herangehen, bleibt die Präambel, die Sie Ihrem eigenen Regierungsprogramm vorangesetzt haben, eine leere Hülse. (Abg. Haigermoser: Herr Kollege, da ist nichts mehr zu holen!) Die Konsequenzen aus diesem Bericht,


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