Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 76

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dann ist das nicht ideologischer Hass! Wenn wir für eine Stärkung der Familien eintreten, dann ist das nicht ideologischer Hass. Und wenn wir eine Pensionsreform durchführen, mit der dafür gesorgt wird, dass auch unsere junge Generation später einmal eine Pension erhalten kann, dann ist das auch nicht ideologischer Hass. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1,1 Millionen Menschen in Österreich leben an der Armutsgrenze, und – wir haben es heute schon mehrfach gehört – davon sind mehr als 300 000 Kinder betroffen. Ich muss sagen, die Rede des Herrn Abgeordneten Miedl hat mich sehr berührt, und ich möchte auch gleich daran anschließen.

Ich habe als Arzt, als Schularzt, schon die Erfahrung gemacht, dass ein Kind dann, wenn es sagt: Ich kann nicht auf den Schulschikurs mitfahren, meine Eltern können das nicht zahlen, ich habe keine Schi, meine Eltern können die Verpflegungskosten nicht bezahlen, ich muss zu Hause bleiben!, teilweise noch von Kindern so genannter vermögender, reicherer Eltern belächelt wird, dass es sich schämen muss. – Das müssen Sie sehen! 300 000 Kinder sind von der Armut betroffen!

Ich habe mit einer allein erziehenden Mutter gesprochen, die drei Kinder hat. Ich weiß als Arzt, dass ein Kind etwa einen Liter Milch pro Tag trinken soll. Einen Liter! Drei Liter Milch kosten mehr als 30 S – Bio-Milch 40 bis 50 S pro Tag! –, das macht 1 000 bis 1 500 S Milchkosten pro Monat aus. Das bedeutet für diese allein erziehende Mutter: Sie kann sich nicht einmal die Milch für ihre Kinder leisten! – Wenn die Frau Bundesministerin über die soziale Lage der Kinder spricht, dann vernehme ich aus den Reihen der Sozialdemokraten Hohn und Gelächter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir diesen Sozialbericht im Ausschuss nicht enderledigt haben. Ich wiederhole mich, ich sage es noch einmal: Ihre Reaktion, meine sehr verehrten, nein, nicht sehr verehrten, meine Kollegen und Kolleginnen von der Sozialdemokratischen Partei, hat gezeigt, dass es Ihnen nicht darum geht, das, was Sie 30 Jahre lang verabsäumt haben, zurechtzurücken, mitzuhelfen, die neue Regierung zu unterstützen. Nein! Ihnen geht es darum, das von Ihnen verursachte Schlamassel zu vertuschen, darauf hinzuweisen, dass Sie ja gar nicht schuld sind an dem ganzen Debakel, das wir jetzt haben.

Ich sage Ihnen abschließend noch etwas, was Sie in 30 Jahren Sozialpolitik versäumt haben: Vor etwa 100 Jahren erreichten erwerbstätige Frauen in Österreich mit ihren Löhnen und Gehältern nur etwa die Hälfte des Erwerbseinkommens der Männer – nur die Hälfte! Bis vor 30 Jahren sind praktisch sämtliche diskriminierenden Regelungen abgeschafft gewesen. Dann folgten 30 Jahre Sozialpolitik! Vor 30 Jahren war das Einkommen der Frauen ein Drittel geringer als das der Männer. Weg mit den diskriminierenden Regelungen! Aber in 30 Jahren Sozialpolitik bei gesetzlicher Gleichstellung hat sich nichts geändert! Die Frauen verdienen heute weiterhin um ein Drittel weniger, genauer gesagt um 31 Prozent weniger. – Das sind wirklich Versäumnisse Ihrerseits!

Dafür kann man Ihnen nicht danken, dazu kann man Ihnen nicht gratulieren. Daher war es höchste Zeit, eine neue, eine auf neue Beine gestellte, eine mit einer neuen Regierung ausverhandelte Sozialpolitik zu betreiben – eine Sozialpolitik nicht mit ideologischem Hass behaftet! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

13.15

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Es ist schon richtig, dass zwischen SPÖ und ÖVP in der Sozialpolitik immer wieder Unterschiede deutlich werden. Das war in der Vergangenheit so und ist natürlich auch in der heutigen Debatte so. Ich verstehe, dass man diese Unterschiede in einer solchen Debatte auch zum Ausdruck bringt, allerdings muss ich sagen:


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