Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 39. Sitzung / Seite 61

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Ich wette, meine Damen und Herren, dass der Herr Grasser nicht nur 10 000 S Spende von dem einen Herrn erhalten hat, der es sich leisten konnte, 10 000 S zu schicken, sondern dass er wahrscheinlich auch viele Briefe von anderen Personen erhalten hat, die es sich nicht leisten können, auch nur einen Schilling herzugeben. Aber von diesen Menschen, Herr Grasser, haben Sie nichts erzählt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es gibt leider noch genügend Menschen in dieser Republik, die es sich nicht leisten können, auch nur auf einen Groschen zu verzichten, und die alle – die alle! – treffen Sie mit Ihren Maßnahmen, und zwar ganz brutal.

Glauben Sie denn wirklich – um mit Beispielen fortzufahren –, dass ein Mensch, der in einem Jahr fünf oder sechs befristete Arbeitsverhältnisse eingehen muss  muss, weil er ein Kulturschaffender oder eine Kulturschaffende ist, wo die Beschäftigung jeweils nur wenige Wochen dauert –, sich fünf oder sechs Monate Sperre des Arbeitslosengeldes leisten kann? Glauben Sie wirklich, dass es gerechtfertigt ist zu sagen, dass der einen sozialen Übergenuss gehabt hat?

Herr Abgeordneter Khol, Sie sind ja auch im Fernsehen aufgetreten und haben dort verkündet: Wir machen das, was die Experten im Bericht zur sozialen Treffsicherheit vorgeschlagen haben! – Nichts von dem setzen Sie um, Herr Abgeordneter Khol! Sie wissen das ganz genau! Die Experten haben am Montag einen Bericht geliefert, und am Dienstag ist die Regierung drübergefahren. Von den Maßnahmen, die die Experten vorgeschlagen haben, findet sich das Allerwenigste in dem Programm, das Sie als Regierungsparteien jetzt umsetzen wollen. Sie haben das schon vorher gewusst. Dazu haben Sie die Experten nicht gebraucht. Sie haben sie gebraucht, um den Sozialabbau zu legitimieren, den Sie betreiben wollen (Beifall bei den Grünen), damit Sie den Menschen, die es sich nicht leisten können, noch das Wenige wegnehmen können. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister Grasser! Sie waren ja der "nette" Mensch, der vor einigen Monaten gesagt hat: Ich glaube eigentlich schon, dass die Reichen in diesem Land auf soziale Transferleistungen freiwillig verzichten sollen. Ich appelliere an alle Reichen in diesem Land, nicht die Kinderbeihilfe, nicht die Familienbeihilfe, nicht die Wohnungsförderung zu beantragen. – Herr Bundesminister Grasser: 500 Milliarden Schilling sind in Stiftungen geparkt. Ich appelliere an Sie: Richten Sie an die Reichen den Appell, dass sie normal Steuern, Kapitalertragssteuern zahlen! 25 Prozent der Erträge aus den Stiftungen! Ja, das wäre schön. Wir würden uns wünschen, dass die Reichen in diesem Land, die 500 Milliarden Schilling haben, 25 Prozent von ihren Kapitalerträgen zahlen! Dann hätten wir kein Problem mit dem Budgetdefizit. Dann hätten wir um einige Milliarden Schilling mehr.

Das ist soziale Schieflage. Was eiern Sie denn da die ganze Zeit herum? Immer die Debatte zwischen Haider, Gaugg, Grasser, Prinzhorn: Werden es nur 2 Milliarden, werden es nur 0,5 Milliarden, wird es doch eine Milliarde, die die ganz Reichen zahlen? Was ist denn das für eine soziale Verantwortung von den Superreichen? Und da kommen Sie daher mit Ihren schön gemeinten Appellen: Bitte verzichtet auf die Familienbeihilfe! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist nicht das Thema! Es geht darum, dass auf sozial gerechte Weise alle in die Verantwortung genommen werden, dass nicht irgendwo 500 Milliarden geparkt sind und anders oder besser besteuert werden, nämlich wesentlich günstiger besteuert werden als die Spareinlagen des kleinen Sparbuchsparers, denn der muss von seinen Erträgen 25 Prozent bezahlen, ganz ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist erschöpft. Ihren Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Wenn das so ist, Herr Präsident Prinzhorn, dann, meine ich, sollten die Reichen in diesem Land auch einen Beitrag im Rahmen der Stiftungen zahlen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.05


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