Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 119

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Erschwerend kommt hinzu, obendrein noch einen Justizminister zu haben, der eine sehr zweifelhafte Rolle in der ganzen Sache spielt. Es ist mir schon klar, was ein Anwalt für Pflichten und Möglichkeiten hat, ich bin auch der festen Überzeugung, dass Herr Dr. Böhmdorfer seiner anwaltlichen Pflicht wahrscheinlich immer Genüge getan hat – ich würde das annehmen, ich gehe sogar davon aus –, nur: Die politische Verantwortung geht etwas weiter. Die politische Verantwortung, derartige Informationen zu verwenden, ist eine andere als die des Anwaltes Böhmdorfer. Er ist Justizminister!

Und die culpa in eligendo, ihn zum Justizminister zu machen, liegt bei der FPÖ, weil ein Justizminister mit diesem Vorleben ganz einfach anders zu betrachten ist, weil da andere Qualifikationen und andere moralische Maßstäbe heranzuziehen sind. Er hat einerseits die Verurteilung im "Weisen"-Bericht, ein Mann zu sein, der nicht den herrschenden Klassifikationen von Führungskräften in Europa entspricht; er hat eine Bemerkung, regierungskritische Personen auch einzusperren, durchaus geduldet und noch bestärkt; er hat Materialien in seinen Prozessen verwendet, die bedenklich erscheinen.

Das ist nicht der Maßstab, an dem Politiker gemessen werden. Das kann durchaus der Maßstab sein, der bei einem Anwalt angelegt wird, um darüber zu befinden, ob er seiner Rolle im Verhältnis zum Mandanten Genüge tut, aber nicht beim Justizminister. Um diese moralische Verantwortung geht es, und er sollte dieses Sterben nicht so lange hinauszögern, denn es ist ein Tod auf Raten. Es geht um einen Justizminister, der bereits dreimal in dieses Fettnäpfchen getreten ist, der immer wieder in diese Richtung hineinfällt, der die ihm von der EU vorgegebene, vorgezeichnete Rolle immer wieder und immer besser erfüllt, der praktisch auch in einem Untersuchungsausschuss ein immer stärkeres Involvement zu gewärtigen hat, um einen Justizminister, der in dieser Form politisch und moralisch nicht tragbar ist. Seine Verwicklung und seine Äußerungen von der Regierungsbank zeugen von Nervosität, zeugen von Peinlichkeit, wie wir sie sonst nur von den Auftritten des Abgeordneten Westenthaler gewohnt waren.

Es ist ein Sterben auf Raten, und ich glaube, es wäre für die FPÖ leichter, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen, als von der ÖVP im Wiener Wahlkampf ausgebremst zu werden (Abg. Rosemarie Bauer: Wunschträume!), zumal sich Görg schon positioniert und die FPÖ im Regen stehen lässt. Ich schaue mir es mit Vergnügen an, wie Vizebürgermeister Görg die FPÖ Wien herrichten wird. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ihre Redezeit ist erschöpft. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Stimmen Sie für einen Untersuchungsausschuss! Das wird eine tolle Auseinandersetzung auf Wiener Ebene geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pilz.  – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Nicht einmal in Wiener Neustadt!)

17.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Dr. Wittmann –: Das Einzige, was untragbar ist, sind seine Sakkos!)

17.46

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Bis jetzt habe ich immer gewusst, dass Kollege Wittmann ein Antlitz hat – seit 1995 ist er hier im Hohen Hause –, seit heute weiß ich, er hat auch Stimme. Erstmals hat er sich wortgewaltig in die Debatte eingeschaltet, aber in Wirklichkeit war das Ganze auch kein besonders großartiger Auftritt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mit der SPÖ beschäftige ich mich noch in meinen Ausführungen, aber jetzt brennt mir etwas anderes auf der Zunge, und zwar deshalb, weil Kollege Pilz mich in seinem Redebeitrag mehrfach namentlich bedacht hat, und insbesondere auch deswegen, weil er – unterstützt von seiner Kollegin Haidlmayr – ein so schönes, ein so wunderschönes Rechenbeispiel dargestellt hat. (Abg. Mag. Schweitzer: Ja, faszinierend!) Und wenn ich Pilz und Haidlmayr kombiniere, dann habe ich immer – das muss ich ehrlich feststellen – Bedenken. Das muss man immer


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