Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 176

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es nämlich tatsächlich um das Wohl des Kindes. Wir stellen das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt (Beifall bei der ÖVP), und wir wollen nicht, dass dem Kind nach der Scheidung seiner Eltern zwangsweise ein Elternteil genommen wird. (Abg. Mag. Stoisits: Wieso "zwangsweise"?) Das wollen wir nicht! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir vertrauen auf den mündigen Bürger. Und Frau Kollegin Haller hat ja hier gesagt: Das Gesetz prägt den Menschen. Feststellbar ist – und Sie werden das nicht bestreiten können –, dass sich das Verhalten von Menschen, die sich in Scheidung befinden, in den letzten 20 Jahren geändert hat, denn zum Großteil erfolgen Scheidungen einvernehmlich. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Ich weiß, dass auch solche Scheidungen nicht konfliktfrei sind, lebe ich doch auch auf dieser Welt, aber es benützen – Gott sei Dank! – immer weniger Menschen ihre Kinder als "Waffe" gegen den Partner. (Abg. Mag. Wurm: Das ist das Problem an diesem Gesetz!)

Sie von der linken Seite dieses Hauses hängen noch immer der Zeit der siebziger Jahre an. Nehmen Sie zur Kenntnis: Wir befinden uns in einem neuen Jahrtausend, meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Reichsdrittelhälfte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Eine neue Welt!)

Sie waren nicht im Expertenhearing, und auch Sie nicht, Frau Kollegin Mertel – ich habe Sie nicht gesehen, vielleicht täusche ich mich –, aber Frau Kollegin Stoisits war dort, doch ihr Befund über dieses Expertenhearing lässt erahnen, dass sie geistig nicht immer anwesend war, denn sonst könnte sie nicht sagen, dass die Mehrheit der Experten die vorliegende Lösung abgelehnt hat. Es waren einige der Experten, vor allem jene, die sich mit heiklen Fällen in ihrem Beruf beschäftigen müssen, die – das gebe ich zu – Angst und Vorbehalte haben (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine beschämende Rede, Herr Kollege!), aber die Mehrheit der Experten war eindeutig für diese Lösung. Das können Sie heute hier nicht wegdiskutieren – da können Sie noch so laut schreien, es wird nicht anders. Das Expertenhearing hatte das Ergebnis, das es tatsächlich hatte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Unser Modell möchte die Belastungen für die Kinder minimieren, und ich glaube, dass die vorliegende Lösung die Chance in sich birgt, die maximale Anzahl und den größtmöglichen Prozentsatz von Vätern, um die es Ihnen so sehr geht, dazu zu bringen, sich mehr um die Kinder zu kümmern, als es vielleicht heute der Fall ist.

Daher bitte ich Sie wirklich inständig: Geben wir den Eltern die Chance, zu beweisen, dass sie vernünftiger sind, als Sie es ihnen zutrauen, meine sehr geehrten Damen (Abg. Mag. Wurm: Die haben sie ja!)  – denn die Herren nehme ich hier aus –, und machen wir vor allem eines: Geben wir vor allem den Kindern die Chance, ihre Eltern so lange zu behalten, so lange es nur möglich ist, indem wir ihnen nicht einen Elternteil zwangsweise wegnehmen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Was heißt "zwangsweise"?)

19.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Um das gleich einmal von Beginn an klarzustellen, Herr Bundesminister, oder auch an die fehlende "rechte Reichshälfte" – unter Anführungszeichen – gerichtet: Wir sind gegen diese Änderung in der gemeinsamen Obsorge, aber nicht deswegen, weil wir für das alte Kindschaftsrecht sind. Das unterscheidet die grüne Fraktion, wie ich herausgehört zu haben meine, doch einigermaßen deutlich auch von den Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion.

Wir sind der Meinung, dass Obsorge von zwei Menschen – Sie nennen es "gemeinsame" Obsorge; das ist ein Begriff, der nicht stimmig ist, denn es ist eine getrennte Obsorge im Großen


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite