Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 181

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

10 Prozent ... (Abg. Dr. Mertel: Es kommt nur zur einvernehmlichen Scheidung, weil sie sich keinen Rechtsanwalt leisten können! Das ist das Diktat der leeren Kassen!)

Frau Kollegin, Sie sagen, weil sie sich keinen Anwalt leisten können. Ich darf doch bei Ihnen Frau Kollegin, als einer akademischen Beamtin der Kärntner Landesregierung voraussetzen, dass Sie wissen, dass in Österreich jeder, der sich keinen Anwalt leisten kann, einen Anwalt beigestellt bekommt. Bitte verschonen Sie doch das Hohe Haus mit solchen Gebilden, die wirklich jeglicher Grundlage entbehren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme, meine interne Redezeit schon überschreitend, jetzt wirklich zum Schluss. Ich glaube, es ist ein sehr positiver Schritt in Richtung einer stärkeren Beachtung des Kindeswohls auch in Richtung einer stärkeren Beachtung der Aufrechterhaltung der Eltern-Kind-Beziehung. Wenn ich das, was der deutsche Experte gesagt hat, richtig zusammenfasse, es abstrahiere und auf den Punkt bringe, dann möchte ich sagen: Ich glaube doch, dass das Sein dem Bewusstsein folgt und dass diese Gesetzesvorlage sehr positiv ist und zum Kindeswohl einen sehr großen Beitrag leisten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

19.23

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu dieser Debatte ist grundsätzlich zu sagen, dass das Kindeswohl etwas sein sollte, was uns hier in der Diskussion nicht zu Zynismen verleiten sollte. Und in diesem Lichte sollten wir das Ergebnis des Hearings als das präsentieren, was es wirklich war, Frau Kollegin Fekter und Herr Kollege Trinkl, und darüber hinaus auch die Situation so darstellen, wie sie in einer Beziehungskrise, einer Scheidung tatsächlich ist.

Ganz kurz ein paar einleitende Bemerkungen. Es ist dieses Gesetz bereits seit längerem in Diskussion und in Ausarbeitung. Es ist ein sehr umfangreiches Gesetz. Ich weiß nicht genau, bis wann es zurückgeht, ich glaube, 1998 sind die Arbeiten begonnen worden. Es sind viele Punkte enthalten, die tatsächlich eine positive Weiterentwicklung darstellen, ich denke dabei insbesondere an die Absenkung der Volljährigkeitsgrenze. Aber selbst da haben Sie es geschafft, diesen Fortschritt dadurch zu konterkarieren, dass Sie – zunächst relativ ungestüm, jetzt schon etwas zurückhaltender – auch die Absenkung der Strafmündigkeit gefordert haben. Das hat Ihnen von Experten den Vorwurf eingebracht, dass das eine Rückkehr zum germanischen Rachedenken ist.

Ähnliches gilt auch für die Änderung im Zusammenhang mit der gemeinsamen Obsorge. Es hat im alten Entwurf eine Regelung gegeben, die sehr sorgsam ausdiskutiert war. Dieser Regelung ist zugrunde gelegen, dass es natürlich viele Eltern gibt, die nach der Scheidung eine gemeinsame Obsorge ausüben wollen und das auch zustande bringen, weil sie sich eben dessen bewusst sind, dass sich das Recht des Kindes auf beide Eltern natürlich auch über das würdevolle Verhalten der Eltern zueinander definiert und dass dem Kind – wenn sie verantwortliche Eltern sind – natürlich eine Situation geboten werden muss, die das Kind aus dem Streit heraushält.

Das, was Sie jetzt in dieser Abänderung vorgelegt haben und was auch einen heftigen Streit ausgelöst hat, ist meines Erachtens die für das Kind rücksichtsloseste Form aller Möglichkeiten einer gemeinsamen Obsorge. Mir ist es auch völlig unverständlich, warum Sie diese massive Änderung gegenüber dem alten Entwurf nicht ... (Zwischenruf der Abg. Haller. )  – Frau Kollegin Haller, entweder wollen Sie es nicht verstehen, oder Sie verstehen es wirklich nicht. Ich weiß es nicht, würde Sie nur ersuchen, mir abzunehmen, dass ich ernstlich bemüht bin, einen Sachdiskussionsbeitrag dazu zu leisten. Ich finde, die Materie ist – ich habe es eingangs gesagt – ganz einfach zu wichtig, um damit in ein polemisches Hickhack abzudriften.

Daher haben wir es auch nicht verstanden, dass Sie von dem Verfahren, das üblicherweise bei größeren Materien selbstverständlich ist, abgehen, nämlich von einem Stellungnahmeverfahren.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite