Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 45. Sitzung / Seite 87

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und ist nicht gerechtfertigt. Die Arbeitslosenunterstützung hat überhaupt kein Defizitproblem, da sind Überschüsse vorhanden. Hier greifen Sie in ein Recht ein (Abg. Mag. Wurm: "Zweckentfremdet" heißt das!), hier greifen Sie mit Maßnahmen ein, die nicht durch Budgetprobleme begründbar sind. In Wirklichkeit ist das eine Maßnahme, die im nächsten Jahr dazu führen wird – Herr Bundesminister, Sie wissen das –, dass der Bund überhaupt keinen Beitrag mehr zur Arbeitsmarktförderung leisten wird, sondern das wird ausschließlich durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge finanziert. Das kritisieren wir.

Genauso kritisieren wir auch, dass man zum Beispiel die Mitversicherung wegfallen lässt. Denken Sie nur an eine Frau, die 30 Jahre lang gearbeitet hat! Das ist eine konkret Betroffene. Sie arbeitet 30 Jahre lang, ist selbst versichert, wird arbeitslos – das passiert jeden Tag, immer wieder –, ist derzeit bei ihrem Mann mit einem Bruttoeinkommen von 17 000 S mitversichert, aber ab morgen zahlt diese Frau oder der Lebenspartner dann die Mitversicherung, weil sie eben nicht mehr mitversichert ist, obwohl sie 30 Jahre lang selbst einen Beitrag geleistet hat. (Abg. Mag. Wurm: Sehr "gerecht"!)

Ich glaube, dass das mit Gerechtigkeit und Treffsicherheit nur insofern etwas zu tun hat, als dass man wirklich Menschen trifft, ohne auf die Direktbetroffenheit entsprechend einzugehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das gilt auch für die so genannte Ersatzmaßnahme, statt 26 Wochen Wartefrist für den Neueintritt eines Arbeitslosengeldbezuges jetzt eine Ausdehnung auf 28 Wochen. Das ist nämlich noch viel zynischer. Diese Menschen fallen nämlich komplett aus dem Leistungsangebot heraus, sie haben nicht, wie ursprünglich vorgesehen, vier Wochen Wartefrist, sondern sind aus dem Leistungsangebot heraußen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben ja die Wartefrist kritisiert!) Das kommt mir ungefähr so vor, als ob Ihnen eine private Versicherung Folgendes vorschreiben würde: Den ersten Autounfall, den Sie haben, zahlen wir nicht, wir zahlen erst den zweiten; ob wir den dritten zahlen, das überlegen wir auch noch.

Wir haben ganz konkret bei diesen Dingen immer wieder darauf hingewiesen, dass man das nicht tun sollte.

Einen letzten Punkt erlauben Sie mir auch noch anzumerken: Wenn der Gewerkschaftsbund am 5. Dezember um das Parlament eine Menschenkette bilden wird, dann blockiert er keine Straße. Er hat mit Straßenblockaden nichts zu tun, aber er genießt das Recht in der Demokratie, seine Meinung den Abgeordneten, den Männern und Frauen zu sagen, die hier Maßnahmen setzen, aber auch jenen, die sie treffen. Deshalb wird der ÖGB das am 5. Dezember machen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

13.43

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen auf der Ministerbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Verzetnitsch! Es ist nicht darum gegangen, von Seiten der Bundesregierung die Demonstrationsfreiheit und die Meinungsfreiheit in Österreich einzuschränken, sondern es ist nur darum gegangen, eine Relation zwischen der Maßhaltigkeit dieser Maßnahmen, der legistischen und der verfassungsmäßigen Möglichkeiten festzustellen.

Eines darf ich in der Tradition der 14-jährigen parlamentarischen Tätigkeit, die ich ausübte, schon sagen: Wir Freiheitlichen haben in 14 Jahren Opposition nie die Bürger auf die Straße getrieben. Wir hatten ein einziges Mal eine lokale Versammlung in Klagenfurt am Neuen Platz nach der Abwahl von Dr. Haider. Ich glaube, wir haben das Instrument der Demonstration mit mehr Fingerspitzengefühl angewendet, als Sie das heute machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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