Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 20

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Zuerst draußen gesprochen, jetzt herinnen!)

9.46

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die "Verzweiflung der Opposition", von der Herr Abgeordneter Gaugg gesprochen hat, hält sich wirklich in sehr, sehr bescheidenen Grenzen.

Die Regierungsparteien sollten eigentlich froh darüber sein, dass die Menschen auf direktdemokratischem Weg, den die Regierungsparteien sonst bei jeder Gelegenheit beschwören (Abg. Dr. Khol: Nicht bei jeder!) und natürlich für legitim halten, ihren Unmut und ihren Protest in sehr mäßiger und moderater Art und Weise zum Ausdruck bringen. Sie lassen ja den Leuten sonst gar keine andere Artikulationsmöglichkeit als jene im Burgenland, nämlich über den Stimmzettel. – Aber uns soll es Recht sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, es würden sich zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr, sehr glücklich schätzen, würde sich die – von Ihnen so bezeichnete – "Lahmlegung" immer in solchen Grenzen halten wie heute. Fragen Sie einmal die Pendlerinnen und Pendler, die dank Ihrer Verkehrspolitik oft viele, viele Stunden im Stau zubringen, ob sie nicht froh wären, wenn es immer bloß eine so kurze, temporäre Behinderung gäbe. Schauen Sie doch, dass beim öffentlichen Verkehr einmal etwas gemacht wird! (Beifall bei den Grünen.)

Aber den eigentlichen Grund dafür, dass so viele junge Leute diesen mäßigen und moderaten Protest anbringen, lassen Sie sehr gern außer Acht: Dieser Protest ist notwendig und wichtig (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter ), auch um das Ansehen Österreichs in der Welt hochzuhalten. Diese Proteste sind gesehen worden und auf der ganzen Welt – nur nicht bei Ihnen! – als Einsatz, als Aufschrei für die Menschenrechte wahrgenommen worden. Und dieser Aufschrei war und ist wichtig in Österreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ihre geheuchelte Empörung, nie haben Sie die Straße gebraucht (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll ), nie Haider und Prinzhorn auf der Straße, und Ihre Aussagen, dass unseren Wiener Kindern türkische und serbokroatische Texte aufgezwungen würden, so als wären es nicht auch unsere Kinder, die verschiedene Sprachen sprechen – Gott sei Dank! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Oder die Frage aus der Steiermark, wie viele Ausländer eine bestimmte Stadt noch "verträgt". – Meine Damen und Herren! Diese Frage und diese Politik sind menschenrechtswidrig und unerträglich! Und das geht weiter bis zum heutigen Tag.

In freiheitlichen Pamphleten wird immer wieder eine Hetze, ein Einsatz gegen die Menschenrechte für legitim erklärt. Es wird die Zeit des Nationalsozialismus verharmlost, wenn etwa in der Zeitschrift "Zur Zeit" Volksabstimmungen beklagt werden und in Bezug auf Belgien gesagt wird, dass "deutsches Heimatland" in fremde Hände fiel. – Solche Äußerungen, und das im Jahre 2000, sind unerträglich, und dagegen gehen sehr viele junge Leute auf die Straße! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu den letzten Tagen kommend: Ihre Bereitschaft, die Menschenrechte und Grund- und BürgerInnenrechte zu dulden, ist in der Tat eingeschränkt, denn wie anders könnte es sein, dass ein Justizminister einem Verdächtigen, einem Beschuldigten per se vorweg einen Persilschein ausstellt – "über jeden Zweifel erhaben" –, eine Vizekanzlerin, die Zurufe an die Staatsanwaltschaft ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Ich habe zuvor die Klubobmänner zu mir gebeten, weil wir schon am Rande einer Debatte über eine Geschäftsordnungsfrage sind. Um nicht anzuheizen, haben wir vereinbart, wir lassen die Bestimmung locker anwenden. Aber wir können jetzt keine Justizdebatte führen. – Ich bitte, das zu bedenken und zum Gegenstand zu sprechen.


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