Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 115

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

16.08

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige Vertreter von Rot-Grün, zuletzt Herr Präsident Verzetnitsch, haben das Argument mit den Grenzblockaden rund um Temelin in den Mund genommen, offensichtlich als Vorwand oder als Hinweis dafür, dass die Regierung mit zweierlei Maß messe, so nach dem Motto: Wenn es regierungsfreundliche Demonstrationen sind, dann ist es in Ordnung, wenn es nicht von der Regierung kommt, dann ist es keine erlaubte Demonstration. – Daher möchte diese Dinge nicht unwidersprochen so im Raum stehen lassen. Es gibt zwei gravierende Unterschiede.

Die Demonstration gegen Temelin an den Grenzen beispielsweise war angemeldet und behördlich genehmigt. (Abg. Verzetnitsch: Wie die Menschenkette!) Die Verkehrsblockaden heute Vormittag, Herr Präsident Verzetnitsch, waren keine genehmigten Demonstrationen. Das ist ein formaler Unterschied!

Der zweite Unterschied ist eigentlich noch wesentlich wichtiger: Hinter der Demonstration gegen Temelin steht die gesamte Bevölkerung in dieser Region Österreichs, hinter der Verkehrsblockade heute Vormittag und der "Menschenkette" heute Nachmittag hingegen steht ein alles andere als perfekter Organisationsapparat, dessen Ziel nicht die Artikulation der Interessen der Bevölkerung ist, sondern die Beeinträchtigung der freien Fahrt zum Arbeitsplatz, aber auch der freien Bewegung hin zum Parlament. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daher, Herr Präsident Verzetnitsch: Die heutige Blockade, aber auch die Demonstration ist keine Transportschiene von Sympathie, von Solidarität, sondern ist reiner Aktionismus. Und was besonders bestürzend ist bei Ihnen: Bei Ihnen stimmen Aussage und Wirklichkeit nicht überein. Was Sie sagen, entspricht nicht der Meinung in der Bevölkerung, denn diese ist für die Sanierung des Staatshaushaltes.

Zu dem, was Sie heute hier gesagt haben in Bezug auf freie Meinungsäußerung: Ich habe meine E-Mail-Adresse durchaus im Computer drinnen. Aber wenn mich jemand anschreibt, dann sollte er das wenigstens aus freien Stücken tun. Ich habe nämlich jemandem zurückgeschrieben, und was antwortet er mir da? – Das war eine organisierte Aktion, er hat nichts mit der Sache zu tun. (Aha-Rufe bei der ÖVP.)

Herr Nürnberger – er ist leider momentan nicht da – kann sich offensichtlich im Parlament nicht durchsetzen und betreibt die Mobilisierung der Straße. Sie machen keine Interessenvertretungspolitik, sondern betreiben Partei- und Machtpolitik auf Kosten und auf dem Rücken der Bevölkerung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist schade, denn das ist falsch verstandene, destruktive Oppositionspolitik. Was wir aber brauchen, ist konstruktive Oppositionspolitik. Warum? – Weil ein aktionsfähiger Staat, der nicht durch Schulden und Rückzahlungen gebunden ist, ein Standortfaktor, ein Wettbewerbsfaktor ist. (Abg. Edlinger: Die Opposition werden Sie sich nicht aussuchen, Herr Kollege!)

Es wurde heute hier vom Herrn Bundeskanzler schon dargestellt: Nie vorher waren die Sozialpartner besser eingebunden in die ganzen Verhandlungen, als das dieses Jahr der Fall war. Ich kann mich noch erinnern an das Jahr 1996: Damals hat die Gewerkschaft mit uns verhandelt – und die Regierung hat etwas anderes gemacht. Sie haben dann eine andere Linie vollzogen.

Wenn wir – Hand aufs Herz! – die Dinge ehrlich betrachten: Die Schulden sind ein Faktum. Die Mahnung der EU ist ein Faktum. Das Problem ist erkannt, die Frage ist nur: Wie bringen wir Einnahmen und Ausgaben wieder in Einklang? Herr Präsident Verzetnitsch, das tun andere Regierungen, und darüber sollten auch wir hier herinnen diskutieren – und nicht draußen auf der Straße.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite