Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 143

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handlungsmethoden erforderlich sind, die außerhalb der Krankenanstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Versicherten nicht in geeigneter Weise oder nur unzureichend zur Verfügung stehen. Dies gilt nicht, wenn schuldhafte Beteiligung wie Raufhandel, Alkoholismus oder Missbrauch von Suchtgiften vorliegt.

Wenn es, wie vor allem von sozialistischen Kolleginnen und Kollegen an die Wand gemalt wird, eine Zwei-Klassen-Medizin gibt, so ist sie in der regionalen Verteilung der medizinischen Ressourcen zu suchen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es in den Großstädten – außer in den Randbezirken – eine wesentlich bessere ärztliche Versorgung beziehungsweise Versorgung auch durch andere Gesundheitsberufe gibt. Wenn ein niedergelassener Arzt in der Stadt für 330 Einwohner zur Verfügung steht, im ländlichen Bereich hingegen für 850, so ist das als ganz grobes Missverhältnis zu bezeichnen! Bei den Zahnärzten ist es das Doppelte und bei den Fachärzten das Fünffache.

Wir müssen also vor allem danach trachten, dass der extramurale Bereich ausgebaut wird. Die Tageskliniken und Gruppenpraxen sollen dazu beitragen, eine optimale Versorgung der Bevölkerung vor Ort auch mit Fachärzten und Therapeuten sicherzustellen.

Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen – und Sie, Herr Minister, bitten, dies auch mitzutragen –: Angesichts jener 3 600 jungen Menschen, die sich heuer für die Physiotherapie-Akademie angemeldet haben, von denen aber nur 300 aufgenommen wurden, muss ich sagen: Da fehlt etwas in diesem System! Diesen Scherbenhaufen haben Sie uns hinterlassen, und wir müssen ihn jetzt beseitigen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In der Gesundheitspolitik ist das Einsparungspotential in erster Linie darin zu suchen, dass es uns gelingen muss, dem Patienten seine Selbstverantwortung bewusst zu machen und ihn so weit zu bringen, dass er sich selbst an der Nase nimmt und entsprechende Maßnahmen ergreift. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Dann nehmen Sie sich jetzt bei der Nase!)

18.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.08

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie hören, kann man sich der Gesundheitspolitik von verschiedenen Blickwinkeln nähern. Ich habe die Hoffnung, dass eine Annäherung bei Bundesminister Haupt durchaus möglich ist. Trotzdem muss man feststellen: Ein Minister macht noch keine Bundesregierung – und ich möchte das Hauptaugenmerk auf die Bundesregierung legen, obwohl ich gerne konzediere, dass das Gesundheitsressort nicht eines der einfachsten ist. Es ist kompliziert auf Grund zersplitterter Kompetenzen, auf Grund kleiner Budgets, auf Grund mangelnder, ich meine jetzt, aber positiver Macht und auf Grund einer Fülle von fachüberschreitenden Problemen, die auch nur fachüberschreitend, das heißt im Konsens mit anderen Ministerkolleginnen und -kollegen, also innerhalb der Bundesregierung, zu bewältigen sind.

Aber diese Einsicht ist kein Bonus für die Bundesregierung, weil sie ja dermaßen felsenfest davon überzeugt ist, dass sie den Weg in die Zukunft weist, und zwar so fest überzeugt, dass sie bereits beginnt, dieses neue Regieren zu predigen, und erwartet, dass sich alle sozusagen nur mehr in Andacht um diese Bundesregierung scharen, und alles, was keine Andacht und kein Applaus ist, als unbillige Kritik oder als billige Polemik denunziert. Das ist jedenfalls nicht der Dialog, wie er in der Gesundheitspolitik vorangetrieben werden sollte. Aber ein Dialog muss stattfinden, um überhaupt zu Lösungen zu kommen.

Ich habe den Eindruck, es herrscht die Meinung vor, man muss schnell in die Hände spucken und dann fest aufs Gas treten und dann wird man schon ohne Karambolagen Meilenstein bis Meilenstein von Errungenschaften an uns vorbeisausen sehen – verliert aber auf Grund dieser hohen Geschwindigkeit und der mangelnden Reflexion letztlich sein eigenes Navigationssystem einer sozialen Einstellung und Humanität aus den Augen. (Beifall bei den Grünen.)


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