Ich gebe zu, dass diese Regierung natürlich nicht alle Ideen umsetzen möchte, die vom linken Teil dieses Parlaments gewünscht werden. Es ist eben das demokratische Recht der Mehrheit, jene Ideen zum Durchbruch zu bringen, die sie für richtig hält. Für richtig halten wir beispielsweise – weil das angesprochen worden ist – auch das Weisungsrecht des Ministers bezüglich der Staatsanwälte. Lassen Sie mich hierzu einiges Programmatisches sagen.
Es ist in den Medien immer wieder der Wunsch aufgetaucht, dass man das Weisungsrecht der Staatsanwälte abschaffen soll. (Abg. Öllinger: Bei Ihrem Regierungspartner!) Ich kann dem nichts abgewinnen. Das Anklagemonopol des Staates muss auch der politischen Kontrolle unterliegen, und diese politische Kontrolle soll natürlich der oberste Repräsentant, der Minister, ausüben.
Es muss das staatliche Anklagemonopol, ausgeführt durch die Staatsanwälte, natürlich so gestaltet sein, dass es in jedem Fall missbrauchsfest gemacht ist. Das heißt, die Kontrollmechanismen müssen so gestaltet sein, dass Staatsanwälte nicht per se alles tun und lassen können, was ihnen gefällt. Daher sind wir für das Weisungsrecht.
Es kann dieser Missbrauch vielfältig sein. Beispielsweise heißt es – wir kennen das –, "die Suppe ist zu dünn", oder die Ermittlungen gehen in eine ganz bestimmte Richtung, die bewusst nicht zielführend ist. Der Missbrauch des Anklagerechtes kann auch dadurch erfolgen, dass zum Beispiel Kritiker niedergeklagt werden.
Wir wollen daher ein Staatsanwaltschaftsgesetz, das für all diese Fälle missbrauchsfest ist, auch für die Zukunft haben und nicht tagesaktuell irgendetwas ändern. Wir werden das Staatsanwaltschaftsgesetz im Rahmen der Vorverfahrensreform genauer durchleuchten. (Abg. Öllinger: Haben Sie Angst vor den Staatsanwälten?) Konkret beabsichtigen wir eine parlamentarische Kontrolle des Anklagemonopols, beispielsweise durch einen vertraulichen Unterausschuss, wie wir ihn schon beim Stapo-Unterausschuss kennen. Dort sollen die Staatsanwälte natürlich dem Parlament darüber Rede und Antwort stehen, wie sie das Anklagemonopol ausüben.
Herr Minister! Lassen Sie mich auch etwas zur Situation der Haftentlassenen sagen. Derzeit gibt es eine ausgesprochen unbefriedigende Situation bezüglich der Anordnung von Bewährungshilfe bei Haftentlassenen. Wir hatten im Jahr 1999 5621 Entlassungen bei Strafende, das heißt, 80 Prozent der Häftlinge mussten bis zum letzten Tag in Haft bleiben. Das erlaubt uns nicht, dass wir die Bewährungshilfe einschalten in der Form, dass wir die Haftentlassenen betreuen, dass wir sie beispielsweise nachbetreuen.
Es wäre viel besser, die Häftlinge ein bisschen früher, nämlich auf Bewährung, zu entlassen. Dann könnte die Bewährungshilfe diese Haftentlassenen besser betreuen.
Ich habe hier einen Brief des Vereins für Bewährungshilfe. Darin heißt es: Aus Sicht des VBSA erschiene es zweckmäßig, das Instrument der bedingten Entlassung mit Anordnung von Bewährungshilfe verstärkt zu nutzen. Derzeit wird die Anordnung der Bewährungshilfe lediglich bei 7 Prozent genützt. 93 Prozent entlassen wir ohne Betreuung, nämlich angeordnete Betreuung.
Ich bin auch der Meinung des Vereins, dass da wesentlich bessere sozialarbeiterische Betreuung möglich wäre, dass soziale Kontrolle möglich wäre und dass die Zeit nach der Haft für eine bessere Integration genützt werden sollte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich denke, eine Verdopplung der bedingten Entlassung mit Anordnung von Bewährungshilfe würde Diskussionen über verstärkte Amnestie und Begnadigungen entbehrlich machen. Ich denke, dass wir da eine Infrastruktur haben, die wir besser nützen könnten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
23.20
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.