Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 38

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das ist eine sehr vernünftige Forderung, das sollte man in Österreich machen: eine Novelle betreffend den ORF, aber auch eine umfassende Regelung für Privatfernsehen, Privatrundfunk und die Schaffung einer unabhängigen Behörde. Das haben wir immer für vernünftig gehalten.

Der freiheitliche Experte bei den Vier-Parteien-Gesprächen hat sich in einer ganz ähnlichen Art und Weise ausgedrückt. Im Ausschuss war es dann plötzlich anders. Da haben Sie gesagt: Man muss vor allem schnell sein; man kann jetzt kein umfassendes Paket machen, man kann auch nicht auf Argumente der Kritik eingehen. "Speed" ist wieder einmal angesagt. – Auf die Hintergründe komme ich gleich zu sprechen.

Dass die Kritik von Experten, die keinesfalls der Opposition nahe stehen, massiv war, möchte ich Ihnen nur an einem einzigen Beispiel vortragen. Ich zitiere das Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Wirtschaftsuniversität Wien, das sagt, dass das Konzept einer unabhängigen Regulierungsbehörde mittlerweile einem gemeineuropäischen Standard entspricht – ja, so ist es –, dass aber diese Unabhängigkeit durch die Ernennung der maßgeblichen Mitglieder auf Vorschlag der blau-schwarzen Bundesregierung nicht diesem Standard entspricht.

Ebenso wird die Schaffung eines Präsidenten mit umfassender Machtposition kritisiert, dem zwar keine inhaltliche Sachkompetenz zukommt, der aber eine Leitungsbefugnis hat, die so weit geht, dass er die Zusammensetzung von Spruchkörpern verändern kann. Das heißt, er kann die personelle Zusammensetzung der Entscheidungsgremien ad hoc verändern. Bravo kann ich nur sagen! Das scheint in Wirklichkeit der Grund für Ihre Eile zu sein (Abg. Wenitsch: Zum Thema!), denn es scheint tatsächlich darum zu gehen, noch rasch und ganz offenbar vor den Wiener Wahlen blau-schwarze parteipolitische Deals über die Runden zu bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Der ORF soll komplett schwarz eingefärbt werden. Und wir haben gestern mitbekommen, wie der Gegendeal lautet, nämlich die Sozialversicherung. Da wurde von blauer Seite urgiert, Sallmutter muss weg. – Ja, und so ist es offenbar passiert. Hier läuft ein parteipolitisches Schauspiel, das an Peinlichkeit und auch an demokratiepolitischer Würdelosigkeit nicht mehr zu überbieten ist. (Beifall bei den Grünen.)

Die Auswirkungen erleben wir ja. Österreich schaut jetzt auf das Thema Nummer eins, um BSE geht die Debatte, um einen Medikamentenskandal bei Schweinen. Es gibt Diskussionen im ORF, und was passiert? – VertreterInnen der Opposition werden ausgeladen. Ja nicht einmal die unabhängigen Tierschutzorganisationen, die diesen Skandal aufgedeckt haben, dürfen mehr auf das Podium.

Da entsteht eine Behörde, die vom öffentlich-rechtlichen Auftrag unabhängig wird – unabhängig von europäischen Standards und nur abhängig von Ihrer blau-schwarzen Machtpolitik! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vielleicht hätte ich gleich am Anfang sagen sollen, der rote Faden der Einwendungsdebatte sind die Argumente, die für eine Veränderung der Tagesordnung sprechen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

10.21

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst möchte ich festhalten, dass alle Anträge, die heute auf der Tagesordnung stehen, im Ausschuss erledigt worden sind. Zum anderen: Die Tagesordnung – und damit natürlich auch die Tagesordnung betreffend die "KommAustria"-Anträge – wurde in der Präsidialsitzung gemeinsam so festgelegt.

Es gibt also heute keinen formalen Grund, über die Neuordnung im Medienbereich keine Debatte zu führen. Es gibt aber auch keinen inhaltlichen Grund, die Debatte nicht zu führen, denn, wie Sie alle wissen, herrscht seit 15 Jahren Stillstand in der österreichischen Medien


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