Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 79

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wenn Sie dafür angetreten sind, die kleinen Leute zu unterstützen, dann frage ich Sie: Warum nehmen Sie dann beispielsweise dem Unfallrentner von seinen 2 000 S Unfallrente noch 1 200 S weg? (Abg. Dolinschek: Wird alles repariert!) Ist das Ihre Politik für die "kleinen Leute"? – Ich sage ja! Sie haben die "kleinen Leute" nach Strich und Faden betrogen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben sie nicht nur einmal betrogen, sondern Sie betrügen sie jedes Jahr bei jedem Budget. (Abg. Loos: Sie glauben uns mehr als Ihnen! Glauben Sie mir!)

Es geht nicht darum, was sie Ihnen glauben, es geht hier um Realitäten, und die Realitäten sind, dass Sie ihnen ihre finanziellen Grundlagen zunichte gemacht haben, dass Sie überall dort abzocken, wo es nur geht, und die da oben, die Prinzhorns, die Bartensteins – ich kenne sie nicht alle (Abg. Loos: Wir kennen sie auch nicht!), weil ich mich in diesen Kreisen nicht bewege –, haben ein gutes und vor allem finanziell wohl gesichertes Leben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

13.42

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Was Frau Haidlmayr zu sagen versucht hat, war, dass es typisch für diesen Finanzminister ist, bei der ersten Lesung des Budgets das Haus zu verlassen, sobald die Direktübertragung des Fernsehens vorbei ist. Sie (in Richtung des ORF-Kameramannes) brauchen sich nicht gekränkt zu fühlen, sie hat die Direktübertragung gemeint. Nur: Das, was Frau Haidlmayr nicht gesagt hat, ist, dass der Herr Finanzminister bei der Behandlung seines zweiten Budgets am 19. Oktober nach wenigen Minuten den Herrn Staatssekretär in seinem eigenen Saft hat sitzen lassen. Also sehr interessiert ihn dieses Budget nicht – weder dieses noch das vorherige. (Abg. Ing. Scheuch: Ihre Reden interessieren ihn nicht, Frau Mertel!)

Sie von der FPÖ und von der ÖVP sind angetreten mit dem Slogan "Taten statt Worte", aber herausgekommen sind dabei vor allem Schlagworte und Phrasen. (Abg. Ing. Scheuch: Lesen Sie nicht immer herunter!) Da gibt es Schlagworte, die immer wiederkehrend sind – Sie können sie auch in der Budgetrede nachlesen –, wie zum Beispiel "Wende", "Fairness", "Solidarität", "Staat neu definieren", "neu regieren", "soziale Treffsicherheit" und "soziale Gerechtigkeit". Das Ganze gipfelt in dem Satz – in der Budgetrede nachzulesen –: "Das ist gelebte soziale Gerechtigkeit!" – Wenn man dann nachliest, was denn der Finanzminister damit meint, dann stößt man auf die Aussage, dass die durchschnittliche Pensionserhöhung 2001 1,5 Prozent beträgt. Dazu muss ich sagen: Die Inflationsrate beträgt auch 1,5 Prozent. Das ist, meine Damen und Herren, blanker Hohn!

Dasselbe gilt natürlich auch dann, wenn der Finanzminister vom Paradigmenwechsel spricht. Das ist ein wirklich schönes Wort, man muss nur einmal genauer nachschlagen, was es heißt. In Wirklichkeit ist es – wahrscheinlich hat er noch nicht herausgefunden, was es heißt – ein Synonym für Sozialabbau. Dieses schöne Wort wird auch von Herrn Spindelegger so gerne verwendet.

Wäre ich eine Rhetoriktrainerin, was ich ja leider nicht bin (Abg. Ing. Scheuch: Man merkt es!), dann würde ich sagen, dass die Plauderei – die schönen Worte, die der Herr Finanzminister verwendet hat, als er über das Budget geplaudert hat – heuer viel besser war als voriges Jahr, denn im vorigen Jahr hat der Finanzminister mehr von Werbeslogans Gebrauch gemacht, während er heuer das Ganze um einen reichen Zitatenschatz aus der Weltliteratur erweitert hat und uns an seinen Träumereien und Visionen hat teilnehmen lassen.

Ich möchte sagen: Es wäre wirklich vielversprechend, was er da geliefert hat, aber nur dann, wenn er ein anderes Publikum hätte, ein Publikum, das nicht weiß, wovon er spricht. (Abg. Ing. Scheuch: Sie haben es nicht verstanden!) Er hat so oft die Weltliteratur bemüht, dass man sagen muss: Er ist an einem wichtigen Literaten, an Shakespeare, vorbeigegangen, der ein Stück geschrieben hat, das heißt: "Weh dem, der lügt." (Beifall bei der SPÖ.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite