Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 48

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denn die hohen Kosten schrecken natürlich jene ab, die die Gebühren nicht so leicht zahlen können, und jene, die mit jedem Schilling haushalten müssen.

Herr Justizminister! Auch wenn sich in der Justiz eine drastische Wende abzeichnet – eine Wende zu mehr "law and order", eine Wende, was die Unabhängigkeit von Teilen der Justiz angeht, und eine Wende, wie jetzt mit Kritikern umgegangen wird –, muss ich sagen, wenn jetzt den einfachen Leuten der Zugang zum Recht erschwert wird, wenn da Barrieren aufgebaut werden, dann finde ich das sehr, sehr schlimm.

Wenn Rechtsuchende auch noch das Pech haben, in einer ländlichen Gegend zu wohnen, dann kommt hinzu, dass ihnen auch noch die Bezirksgerichte wegrationalisiert werden. Auch in meinem Bezirk soll ein Bezirksgericht "ausradiert" werden, nämlich das Bezirksgericht Mariazell.

Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben im Budgetausschuss gesagt: Daran führt kein Weg vorbei! Es ist ein übertriebener und aussichtsloser Kampf von Landeshauptleuten und Bürgermeistern, der um diese Bezirksgerichte geführt wird! Und als Argument – und das ist heute ja schon gefallen – führen Sie die höhere Mobilität der Bevölkerung an. Ich frage: Ist der Zugang des Einzelnen zum Recht eine Frage des Umstandes, ob einer oder mehrere seiner Nachbarn ein Auto haben oder nicht?

Da ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie, Herr Minister, zum Beispiel das Bezirksgericht Mariazell persönlich besucht haben, darf ich Ihnen schildern, wie die Bevölkerung des Mariazeller Landes dann einen Gerichtstermin in Bruck wahrnehmen müsste.

Mariazell liegt 70 Kilometer von Bruck entfernt. – 70 Kilometer können ja, auch wenn es über einen Bergpass geht, nicht so ein Problem sein, möchte man meinen. Ein Problem wird es aber dann, wenn man sich die Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel anschaut: Der Postbus fährt viermal am Tag – davon zweimal am Vormittag. Da der Bus aber zweieinhalb Stunden nach Bruck braucht, muss man auf jeden Fall jenen um 6 Uhr in der Früh benützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Von der Haltestelle in Bruck aus gibt es zwei Möglichkeiten, nämlich noch zweimal umzusteigen, weil es keine direkte öffentliche Verbindung zum Gericht gibt, oder 15 bis 20 Minuten zu Fuß zu gehen – für ältere Menschen und für junge Mütter mit Kindern, wenn es zum Beispiel um einen Unterhaltsanspruch geht, wahrlich nicht einfach!

Mit dem PKW liegt zwar die Fahrzeit für diese 70 Kilometer bei eineinviertel bis eineinhalb Stunden, aber nur im Sommer, nämlich von Mitte Mai bis Mitte Oktober, in den sieben Monaten Winter ist mit Eis und Schnee und mit dem Anlegen von Schneeketten auf dem 1 100 Meter hohen Bergpass zu rechnen.

Herr Minister! Ich appelliere daher eindringlich an Sie, die Rasenmäher-Methode bei der Schließung von Bezirksgerichten zu überdenken und das Bezirksgericht Mariazell wegen dieser Gründe auf keinen Fall dem Sparstift zu opfern! Der Zugang zum Recht muss ein Recht für alle sein, beschneiden Sie es nicht mit massiven Gebührenerhöhungen, mit einer drastischen Reduktion der Zahl der Richter und mit einem undifferenzierten Zusperren von Bezirksgerichten! (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haller zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, § 58 Abs. 2 GOG besagt, dass Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung beginnen und dieser den berichtigten Sachverhalt gegenüberstellen müssen. – Bitte.

12.00

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin, Frau Anna Huber, hat behauptet, ich hätte die Sorgen und Nöte der betroffenen Bevölkerung als "Gejammere" bezeichnet. – Das ist nicht richtig, und das ist auch im Protokoll nachlesbar.


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