Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 62

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denn mehr Renationalisierung heißt doch nicht von vornherein, dem Protektionismus Tür und Tor zu öffnen. Es gibt auch andere Bereiche und andere Möglichkeiten, um die Subventionierung in den Griff zu bekommen. Wir werden darüber noch sehr ernsthaft reden müssen.

Zum Kollegen Einem, der gesagt hat, die SPÖ werde ihre Zustimmung geben, sei angemerkt: Das ist sehr erfreulich für uns, allerdings: Ganz so, wie er es dargestellt hat, ist es nicht, denn noch am 3. Mai hat Kollege Gusenbauer festgestellt, dass die SPÖ mindestens zwei konkrete Bedingungen setzen wird, nämlich substantielle und konkrete Schritte zu unternehmen und nicht der Erweiterung entgegenzudämmern. – Das ist allerdings eine No-na-Frage.

Letztlich die Frage des Konvents, bezüglich derer wir uns alle einig sind. Die SPÖ hat sich selbst klugerweise die Latte dafür nicht zu hoch gesetzt. (Abg. Schieder: Meinen Sie, dass wir das nur abzuliefern haben?)  – Nein, das meine ich ganz sicher nicht, Herr Kollege. Ich habe gerade gesagt, ich verstehe durchaus auch das politisch notwendige Geplänkel, das zum Parlamentarismus dazugehört. Ich habe gesagt, die SPÖ hat sich klugerweise die Latte dafür in nicht allzu großer Höhe gesetzt, um hier einen Weg zu finden. Ich hoffe, das wird auch in anderen Bereichen möglich sein.

Abschließend noch eine Bemerkung zu den jüngsten Visionen des deutschen Kanzlers, der einem europäischen Zentralstaat das Wort geredet hat. Dieser Zentralstaat ist nicht unser Europa der Konföderation. Das ist auch nicht das Europa, das in den letzten 2 000 Jahren geschichtlich gewachsen ist, das Europa der Vaterländer, sondern nur ein vorwiegend den Interessen der Bürokratie und auch der Großkonzerne dienendes künstliches Gebilde. Und es wäre keine Heimat für seine Bürger. Gott sei Dank – kann ich abschließend sagen – gibt es da noch das Vetorecht. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

12.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.29

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir befinden uns heute in der Debatte um Nizza, so hoffe ich, an einem viel versprechenden Anfang und nicht bei der Fortsetzung eines Rituals, wie es bis jetzt in dieser Frage betrieben worden ist.

Dieser Anfang ist für mich deswegen notwendig geworden, weil sich meine Vorredner von Seiten der Freiheitlichen in erster Linie darauf beschränkt haben, wieder einmal zu schildern, welche nationalen Interessen Österreich bezüglich Nizza durchsetzen konnte. Wir könnten jetzt auch zum 17. Mal die Debatte darüber führen, ob diese Fragen überhaupt zur Debatte standen beziehungsweise welche Leistungen oder Nichtleistungen wirklich erbracht wurden. Aber ich spare mir das, denn ich möchte ganz gerne ein wenig über die Zukunft in dieser europäischen Debatte reden.

In dieser Zukunftsdiskussion, so glaube ich, muss uns von vornherein Folgendes klar sein: Bei der Umsetzung dessen, was in Nizza beschlossen worden ist, und vor allem bei der Umsetzung dessen, was man global unter dem Post-Nizza-Prozess versteht, stehen die europäischen Länder – und da meine ich nicht nur die derzeitigen Mitglieder der Europäischen Union – vor der anspruchsvollsten Aufgabe, die es seit der Bewältigung der Schäden des Zweiten Weltkrieges gegeben hat.

Diese Aufgabe gering zu schätzen, indem man sie zu einem Spiel nationaler Erfolgserlebnisse auf Miniaturebene macht, halte ich für fahrlässig, wenn ich mir anschaue, was dieses Europa werden kann und was es werden wird, wenn diese Tradition der rein nationalistisch orientierten Auseinandersetzung weitergeht, so wie sie jetzt zu beginnen droht durch einige der Redebeiträge, die ich heute schon gehört habe. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben in der Frage der Reform der Institutionen und der Beitritte der derzeitigen Bewerber gigantische praktische Fragen zu beantworten, auf die ich noch eingehen werde, und gigantische praktische Probleme zu bewältigen.


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