Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 78

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Noch kurz zu einem wesentlichen Punkt, was die Grundrechts-Charta anlangt. Die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen haben die Grundrechts-Charta vor allem für den Bereich Presse- und Meinungsfreiheit angesprochen, die SPÖ für den Bereich Arbeitnehmer. – Ich bedauere jedenfalls, dass die Grundrechts-Charta im Vergleich zur Menschenrechtskonvention des Europarates meiner Meinung nach viele Schwachpunkte hat. Ein wichtiger Bereich, nämlich der Schutz des Lebens, wurde in dieser Charta überhaupt nicht richtig angesprochen. Es wird darin – da möchte ich schon wissen, was etwa Kollegin Haidlmayr dazu sagt – nicht mehr von "Menschen", sondern nur noch – nach Singer – von "Personen" gesprochen.

Ich meine, wir sollten uns auch da an Bewährtes halten, eben zum Beispiel an die Europäische Menschenrechtskonvention. Wir sollten diese noch ausbauen und danach trachten, dass, eben gemeinsam mit der Grundrechts-Charta, die wesentlichsten Werte in Europa nicht in Frage gestellt werden, wie das etwa kürzlich in Holland passiert ist. Über diese Werte in Europa müssen wir sprechen – nicht nur über Wirtschaft und andere Belange, denn im Bereich Ethik werden uns für die Zukunft ganz wesentliche Fragen gestellt werden, so beispielsweise: Wie schaut es aus mit Gentechnik? Wie schaut es aus mit Euthanasie? Wie schaut es aus mit dem Klonen? Das werden ethische Fragen sein, die auf ganz Europa zukommen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Schluss möchte ich aber doch in Erinnerung rufen, dass wir heute den Europatag feiern. Heute ist der 11. Mai, es ist Europatag. Es ist deswegen sehr gut, dass wir heute den Vertrag von Nizza diskutieren. Man merkt, dass es eine Zeit des Aufbruchs ist. Der Euro, die gemeinsame Währung, wird nicht nur ein gemeinsamer Wirtschaftsfaktor sein und die Wirtschaft beleben, sondern auch zur Integration beitragen.

Von der EU wurde heuer auch das "Jahr der Sprachen" ausgerufen. Ziel muss es sein, dass die gemeinsame europäische Sprache die Sprache der Demokratie, der Mitbestimmung und der Bürger ist, aber auch dass jeder Einzelne in Europa nicht nur seine jeweilige Sprache spricht, sondern vor allem die Sprache der gemeinsamen europäischen Werte, des Fortschritts, der Sicherheit, des Wirtschaftswachstums, vor allem aber die wichtigste Sprache, die Sprache des Friedens. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Burket. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.41

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Vertrag von Nizza stellt für uns Österreicher eine große Herausforderung dar. Gerade Österreich ist nämlich von der Osterweiterung wie kein anderes Land betroffen. Es hilft hier weder Schönreden noch kategorische Ablehnung. Bevor ich näher auf die Osterweiterung eingehe, möchte ich aber doch feststellen, dass wir Freiheitlichen an dem Ergebnis für Österreich einen erheblichen Anteil haben, dass es unsere klaren Forderungen waren, die dem österreichischen Verhandlungsteam den Rahmen mit vorgegeben haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein vereintes Europa, wobei mir persönlich ein geeintes lieber wäre, unter strikter Beachtung des Föderalismus und der nationalen Souveränität der einzelnen Mitgliedstaaten: Das ist es, worauf bei allen Verhandlungen zu achten war und mit Sicherheit in Zukunft zu achten sein wird, besonders wenn man sich die jüngsten Äußerungen des Herrn Schröder vor Augen führt.

Staaten, die mit guten Wirtschaftsdaten und mit hohen Standards in Bezug auf Sicherheit, Umwelt und Lebenshaltung aufwarten können, sehen ihren Beitritt naturgemäß anders als ein Staat, der in seiner Entwicklung noch ziemlich viel Aufholbedarf hat. Für den stellt der Beitritt ja vielmehr die Hilfe dar, die er braucht, um die nationale Entwicklung sicherzustellen. Bezüglich Finanzierung hat unser Kollege Schweitzer heute schon hinreichend referiert.

In diesem Punkt liegt ja auch das Konfliktpotential, und hier beginnen auch die berechtigten Sorgen speziell der von der Erweiterung besonders betroffenen Grenzregionen, wiewohl die


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