Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 126

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In Ihrem Papier heißt das ganz einfach: Das Verhältnis zwischen Staat und Universität wird neu geregelt. Punkt. – Das ist es. Und ich glaube, das ist zu fürchten.

Unter dem Wort "ergebnisorientiert", das ich in diesem Eckpunkte-Papier finde, wird zu verstehen sein: akademisch gebildete Arbeitskräfte für die Wirtschaft zu möglichst geringen Kosten. Nicht Bildung ist der Wert an sich, sondern reine Ausbildung.

Eine Gruppe von Studierenden könnte unter diesen Bedingungen besonders auf der Strecke bleiben, und zwar sind das behinderte Studierende. Frau Ministerin! Ich bitte Sie: Nehmen Sie sich dieser Gruppe, dieser erschwerten Bedingungen, unter denen diese Menschen studieren, an, und werden Sie dem Anspruch gerecht, soziale Politik zu machen! Integrieren Sie diese Menschen, und geben Sie ihnen Chancengerechtigkeit. Das sollte ein Gebot für Sie sein: freier und chancengleicher Zugang für alle in Österreich Studierenden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

16.46

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der universitäre und Hochschulbereich hat sicherlich bestimmte Probleme und auch Herausforderungen zu bewältigen. Allein die Tatsache, dass wir dafür Mittel aus dem öffentlichen Bereich aufwenden, deren Höhe über dem OECD-Schnitt liegt, ist doch ein Hinweis dafür, wenn man sich die Probleme vor Augen hält, die etwa darin bestehen, dass wir doch eine sehr lange Studiendauer und hohe Kosten pro Absolvent haben, oder auch die Tatsache, dass die Forschungskooperation mit der Wirtschaft noch verbessert werden kann.

Wir sehen auch ein bestimmtes Missverhältnis in der Relation zwischen Fachhochschulstudenten und Universitätsstudenten, und wir sehen auch – weil wir die Studie über den Arbeitskräftebedarf mehrmals angesprochen haben – große Herausforderungen, was die Weiterqualifizierung der Arbeitskräfte auch durch die Universität anlangt.

Meine Damen und Herren! Die Frage ist aber jetzt: Wer hat die richtigen Konzepte, um die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen zu garantieren?

Im Antrag der Sozialdemokratischen Partei kam der Vorwurf, der hier schon ein paar Mal angesprochen wurde, dass viele Fragen der Universität ausschließlich aus wirtschaftlicher Perspektive gesehen werden. Ich verstehe das ja auch, denn es gibt irgendwo so etwas wie eine sozialistische Urangst vor wirtschaftlichen Betrachtungsweisen. Da ich jetzt die Studiendauer von Herrn Cap gehört habe, muss ich sagen, das dürfte auch subjektive Hintergründe haben. Für ihn wäre das Studium natürlich teuer gewesen: Das wären 180 000 S für 36 Semester – also mehr als ein Seidel Bier.

Um nun aber wieder zum Ernst der Sache zurückzukommen, meine Damen und Herren: Ich glaube, dass man die Universität und universitäre Vorbildung nicht nur aus dem Blickwinkel der Wirtschaft sehen darf, aber eine Balance in Richtung Wirtschaft wäre doch nichts Schlechtes. Sehen Sie doch nur die Tatsache, dass vor rund vier Jahren noch 70 Prozent der Universitätsabsolventen in den öffentlichen Dienst gegangen sind.

In diesem Zusammenhang ein Beispiel: Wenn die Wirtschaft 3 Numismatiker und 1 000 IT-Spezialisten braucht, aber 1 000 Numismatiker und 3 EDV- oder IT-Spezialisten ausgebildet werden, dann dürfte in diesem Fall der volkswirtschaftliche Ressourceneinsatz nicht stimmen.

Meine Damen und Herren! Auch eine reiche Volkswirtschaft kann es sich auf Dauer nicht leisten, dass man beim Humankapital keinen "Return on Investment" anstrebt, denn eine Volkswirtschaft wie unsere steht selbstverständlich im internationalen Wettbewerb.


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