Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 137

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als auch die wirtschaftlichen Kriterien für den Beitritt der Kandidaten fest. Im Rahmen der Beitrittspartnerschaft wird mit der Türkei ein ständiger politischer Dialog geführt. Wesentlicher Bestandteil der Beitrittspartnerschaft und des politischen Dialogs sind die Kopenhagener Kriterien. Deren Erfüllung ist bekanntlich die Voraussetzung, dass überhaupt erst Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufgenommen werden.

Bei den Kopenhagener Kriterien stehen die Menschenrechte, wie Sie, Frau Abgeordnete, wissen, im Zentrum.

Die Türkei ist sich weiters auch der Notwendigkeit und der Bedeutung von Reformen im Hinblick auf ihren Beitrittswunsch bewusst. Das kommt im Nationalen Programm der Türkei zur Übernahme des Acquis zum Ausdruck, das am 19. März dieses Jahres vorgestellt wurde; es ist die Antwort auf die Beitrittspartnerschaft und stellt einen konkreten Fahrplan zur Durchführung der Reformen dar.

Dieses Programm, soweit sein Text bereits in Übersetzung vorliegt, wird derzeit von der EU-Kommission geprüft.

Zur Menschenrechtslage im Konkreten ist festzuhalten, dass seit Zuerkennung des Kandidatenstatus einerseits eine starke Sensibilisierung der türkischen Regierung in der Menschenrechtsfrage festzustellen ist, andererseits aber auch keine wesentlichen Fortschritte zu erkennen sind.

Eine in der Tat alarmierende Entwicklung hat sich in den Gefängnissen in Bezug auf die hungerstreikenden Häftlinge ergeben. Die aktuelle Situation ergibt sich aus einer Schilderung des türkischen Justizministers vom 8. Mai gegenüber den EU-Botschaftern in Ankara, und ich gebe Ihnen beispielsweise folgende Angaben weiter: Derzeit nehmen 571 Häftlinge an den Hungerstreiks teil. 168 von ihnen sind so genannte Todesfaster in insgesamt 20 Gefängnissen. Die Streikenden gehören dabei verschiedenen, in der Türkei verbotenen, illegalen Organisationen an. Die Hungerstreiks hatten nach der Gefängnisstürmung am 19. Dezember des Vorjahres begonnen.

Versuche des türkischen Justizministeriums mittels Interventionen über bekannte türkische Schriftsteller sowie die Istanbuler Anwaltskammer gegenüber den streikenden Häftlingen konnten diese nicht zu einem Aufgeben bewegen. Bisher sind 22 Todesopfer unter Häftlingen und Angehörigen zu beklagen. 167 Häftlinge befinden sich derzeit in Spitälern, von denen 86 eine Therapie akzeptieren.

Man muss anerkennen, dass die Türkei immer wieder internationalen Beobachtern die Möglichkeit gibt, sich vor Ort ein Bild über die Lage zu machen und Gespräche mit türkischen Parlamentariern, Regierungsvertretern sowie von im Menschenrechtsbereich aktiven Personen zu führen. Das Antifolterkomitee des Europarates, kurz CPT, hat sich seit Dezember 2000 wiederholt in der Türkei aufgehalten, zuletzt im April dieses Jahres. Der Bericht des CPT zu seiner letzten Reise nimmt Bezug auf die Änderung von Artikel 16 Antiterrorgesetz. Der Text des alten Artikels sei inakzeptabel gewesen. Die nun geschaffene Möglichkeit zu sozialen Kontakten wird vom CPT begrüßt.

Ich kann Ihnen jedenfalls, sehr geehrte Frau Abgeordnete, versichern, dass Österreich in seinen Anstrengungen, zu einer Sicherung der Menschenrechte in der Türkei beizutragen, nicht nachlassen wird.

Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

17.34

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Minister, Ihre Botschaft höre ich wohl, aber ich muss der Frau Abgeordneten Lunacek beipflichten,


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