Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 138

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wenn sie sagt, dass es ein bisschen wenig ist, dass sich die türkische Regierung der internationalen Kritik an der Vorgangsweise der türkischen Ordnungskräfte gegen die Gefängnisrevolte bewusst ist. Das ist zu wenig, glaube ich.

Daran ändert auch der stete Hinweis auf das Problem des Terrorismus im Südosten des Landes, sprich die ungelöste Kurdenfrage, die sicher für die türkische Republik ein Problem ist, nichts, denn immerhin hat das dazu geführt, dass es ungefähr 10 000 politische Gefangene gibt. Das ist schon eine außergewöhnliche Situation, die es in keinem anderen europäischen Land gibt. Daher kann man auch nicht zur Tagesordnung übergehen, wenn die Frau Minister antwortet, dass solche tief greifenden Veränderungen nicht unter Zeitdruck vonstatten gehen können, wenn sie dauerhaft sein sollen. Natürlich braucht es Zeit, legistische Reformen in Gang zu setzen, das hilft aber den momentan am Hungerstreik und am Todesfasten Sterbenden nichts, da sie inzwischen gestorben sein werden.

Wir haben bereits im Vorjahr in einer Entschließung und auch in einer Anfrage auf diese Situation hingewiesen. Es hat bereits im Jahre 1999 im Zentralgefängnis von Ankara ein Massaker gegeben. Es kommt immer wieder zu Vermutungen hinsichtlich extralegaler Exekutionen. Die Türkei sagt, sie sei darangegangen, ihre Gefängnisse auf den europäischen Standard zu bringen, hingegen weisen zahlreiche Menschenrechtsorganisationen darauf hin, dass bei mehreren Gefängnissen in Wahrheit Zellen für Isolationshaft gebaut werden und dass auch die Menschenrechtserziehung der türkischen Polizei absolut mangelhaft und Folter sehr weit verbreitet ist, ganz zu schweigen von katastrophalen hygienischen Bedingungen. – Diese Situation ist nicht zu beschönigen!

Es war Dr. Swoboda als Berichterstatter des Europäischen Parlaments mit einer Delegation in der Türkei und hat dort diese Situation mit dem türkischen Justizminister besprochen. Auch wenn man den türkischen Behörden zugestehen muss, dass sie willens sind, diese Situation in den Griff zu bekommen und an dieser Situation zu arbeiten, kann man über die Tatsache, dass es nach wie vor Todesfasten gibt, dass es inzwischen über 30 Todesopfer und etliche Selbstverbrennungen gibt, einfach nicht hinwegsehen.

Das heißt, auch wenn man die grundsätzlichen Bemühungen der Türkei um ein moderneres und demokratischeres Strafrecht anerkennt, so ist das Vorgehen in der Praxis dennoch inakzeptabel. Es ist auch bedauerlich, dass die diesbezügliche Intervention von Nationalratspräsidenten Fischer, eine österreichische Delegation in die Türkei zu schicken, um sich vor Ort über diese Situation zu informieren, leider bei den entsprechenden türkischen Stellen auf keine positive Resonanz gestoßen ist. Das ist bedauerlich und zeigt, dass sehr vieles in der Türkei nicht zum Besten steht.

Sie sind, da die Situation auch im Menschenrechtsausschuss so ist, dass zahlreiche Anträge zur türkischen Frage und zu anderen Nahostfragen unerledigt sind, schon aufgefordert, denke ich, sich dieses Themas anzunehmen und einmal das zu betreiben, was man wirklich als Nahostpolitik bezeichnen könnte. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

17.39

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Anfragebeantwortung 2041/AB: Die Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner hat die Anfrage in den wesentlichen Punkten ausreichend beantwortet. Generell zeigt das Außenministerium im Menschenrechtsbereich ein starkes Engagement. Es hat sich natürlich auch mit der Problematik der Gefangenen in den türkischen Gefängnissen befasst. Bereits vor Weihnachten des vorigen Jahres, also lange vor Ihrer Anfrage, ist Österreich an die Präsidentschaft der Europäischen Union herangetreten und hat auf die schwierige Situation der Menschenrechte in der Türkei hingewiesen und im Speziellen die große Sorge um die Insassen der türkischen Gefängnisse zum Ausdruck gebracht.


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