Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 169

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lichkeit zur Teilnahme sichern. Die Briefwahl erleichtert diese Teilnahme, und das ist, so viel ich weiß, auch ziemlich unumstritten.

Die ÖVP ist bei diesem Thema sehr hartnäckig. Seit Anfang der sechziger Jahre – und zwar das erste Mal 1963 – haben ÖVP-Abgeordnete einen diesbezüglichen Antrag gestellt, weil uns das Thema wichtig ist, weil wir den Wählerinnen und Wählern die Teilnahme an der Wahl erleichtern wollen und ihnen dazu auch die Möglichkeit geben wollen. Wir haben im Prinzip Hoffnung, dass die Oppositionsparteien sich endlich auch Sachargumenten zugänglich zeigen.

Wenn man sich bei Demokratieangelegenheiten dazu bekennt, dass eine Weiterentwicklung wichtig und möglich ist, dann kommt man an der Frage der Briefwahl als dem ersten und einfachsten Schritt nicht vorbei. Die Briefwahl kommt den geänderten Lebensumständen der Bevölkerung, der verstärkten Mobilität entgegen, ohne revolutionär zu sein. Außerdem gibt es positive Erfahrungen bezüglich der Briefwahl, zum Beispiel die Arbeiterkammerwahlen in Tirol. Dort ist die Wahlbeteiligung von früher 26 Prozent auf letztlich 60 Prozent gestiegen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das nenne ich ein eindeutiges Sachargument für eine Briefwahl. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist auch eindeutig ein Signal der Wählerinnen und Wähler, dass sie diese Briefwahl wollen.

Herr Klubobmann Kostelka! Sie werden nicht mehr dabei sein, daher appelliere ich an Ihre Fraktionskollegen, ohne Junktimierungen, die meistens aus rein parteipolitischen Interessen erfolgen, einen kleinen und auch durchaus erprobten Schritt einer Weiterentwicklung der demokratiepolitischen Spielregeln in diesem Land gemeinsam mit den Regierungsparteien zu machen, gemeinsam mit uns im Herbst den vorliegenden Antrag zu verhandeln und der Briefwahl nach immerhin fast 40 Jahren vielleicht doch endlich den erhofften Durchbruch zu gewähren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Martin Graf. )

17.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

17.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Fristsetzung und nunmehrige Fristverlängerung läuft unter der Überschrift "Demokratiepaket". Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer! Ich finde, diese Bezeichnung "Demokratiepaket" ist für einen Antrag zur Briefwahl wohl ein wenig zu hoch gegriffen. Das ist nicht einmal ein Päckchen!

Wenn Sie gesagt haben, bitte keine Junktims, dann meine Gegenfrage: Warum denn nicht? Wenn es insgesamt verschiedene Änderungswünsche, Bedürfnisse und Anliegen gibt, dann ist es doch nur grundvernünftig, dass verschiedene Interessen und Anliegen gemeinsam verhandelt werden, wobei dann hoffentlich etwas dabei herauskommt, was man mit Fug und Recht "Demokratiepaket" nennen kann, und dann kann und darf sich das nicht lediglich auf die Frage der Briefwahl beschränken. (Beifall bei den Grünen.)

Selbst wenn wir beim Thema Wahlrecht bleiben – wir haben Ihnen das ja auch in den bisherigen Ausschussberatungen gesagt –, wäre es wohl das Allermindeste, um wenigstens zu einem Päckchen zu kommen, dass wir dann die Korrekturbedürfnisse innerhalb des Themenbereiches Wahlrecht in seiner Gesamtheit besprechen.

Wenn wir darüber reden, wie wir für Menschen, die aus irgendeinem Grund in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder die weite Distanzen zu überwinden hätten, die Möglichkeit, an der Wahl teilzunehmen, verbessern können, dann ist es aus unserer Sicht, aus der Sicht der Grünen, absolut unverzichtbar, dass man Maßnahmen zur Beseitigung schreiender Defizite, die unser Wahlrecht aufweist, auch mit in die Verhandlungen aufnimmt. Das ist etwa die Gewährung zumindest des kommunalen Wahlrechts für Menschen, die keinen österreichischen und keinen EU-Reisepass haben, die hier seit vielen Jahren leben, arbeiten und Familie haben, aber nicht einmal auf der Bezirksebene, auf der Gemeindeebene ihr Wahlrecht ausüben können. Das ist ein Unding! (Beifall bei den Grünen.)


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