Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 26

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Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Einem überrascht mich immer wieder. Herr Kollege Einem! Wir haben gestern in einem sehr ausführlichen Gespräch gemeinsam festgehalten, dass wir genau das, was Sie als notwendig erachten und hier gerade gesagt haben, gemeinsam angehen werden.

Dass wir über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam versuchen werden, unsere Grenzregionen auf diesen Beitritt vorzubereiten, das haben wir doch außer Streit gestellt. Also tun Sie doch nicht so, als hätten wir nicht die gemeinsame Absicht, nur weil heute die Diskussion von mehreren Leuten gehört wird! Sagen Sie doch: Wir haben da Übereinstimmung erzielt, wir machen das miteinander, weil das von übergeordnetem Interesse ist und alle Parteien das gleiche Interesse daran haben, dass die Grenzregionen entsprechend vorbereitet in diese Erweiterung gehen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem die Vorredner schon die positiven Ergebnisse des Gipfels von Göteborg herausgestrichen haben und ich Wiederholungen nicht liebe, werde ich mich mit einem anderen Aspekt beschäftigen.

Es sind diese positiven Ergebnisse, aber auch andere Ergebnisse, Herr Bundeskanzler, nicht richtig herübergekommen, wie zum Beispiel die Strategie für die nachhaltige Entwicklung oder die Zusammenarbeit im Interesse des Friedens und der Sicherheit, die dort breiten Raum eingenommen hat. Diese wesentlichen Themen sind völlig untergegangen, obwohl sie gerade für den EU-Bürger von besonderer Bedeutung sind, weil dieser Gipfel – darüber müsste man auch reden – von Pflastersteine werfenden Demonstranten auf der einen Seite und von verstörten EU-Granden auf der anderen Seite geprägt war.

Wir sollten uns einmal darüber Gedanken machen, ob die Kluft zwischen den Mächtigen und den vielen EU-Bürgern nicht etwas ist, womit wir uns in nächster Zeit mehr beschäftigen müssen. Es sind nicht die Pflastersteine werfenden Demonstranten, die mir besondere Sorge bereiten – dazu gehört auch Peter Kreisky, das haben wir jetzt in Salzburg gesehen, aber mit denen werden wir schon noch fertig werden –, sondern es sind vielmehr die vielen Millionen Bürger, die sich von der Europäischen Union abwenden, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Weigerung, an dem, was auf europäischer Ebene stattfindet, teilzunehmen, die Teilnahmslosigkeit, die immer mehr wächst, macht mir Sorge. Es wurde auch mit dem Votum in Irland zum Ausdruck gebracht, dass ein Großteil der Bevölkerung zum Beispiel die Teilnahme am europäischen Integrationsprozess verweigert. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darüber müssten wir auch diskutieren, wie wir damit fertig werden.

Hinter diesem Ergebnis von Irland steht Unverständnis, steht Misstrauen. Zwischen der europäischen Verwaltung in Brüssel und den Bürgern gibt es eine Kluft, die rasch größer wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! Weder Chirac noch Schröder, noch Prodi und viele andere, die sich zu Wort gemeldet haben, waren mit ihren Kommentaren gut beraten, wenn sie sinngemäß gemeint haben, das Volk möge halt so lange abstimmen, bis das Ergebnis den Granden der EU passt. So kann es nicht gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Erwin Zankel, ein Journalist der "Kleinen Zeitung", trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er all jene, die sich so geäußert haben, als Nötigungsdemokraten bezeichnet. Nötigungsdemokraten werden nicht das Vertrauen der Bürger gewinnen können.

Damit ist, so glaube ich, die Vertrauenskrise in der EU nicht nur prolongiert, sondern sogar verschärft. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es jemals ein gemeinsames Europa geben soll, das die große Mehrheit der Bürger mitträgt, dann muss diese Europäische Union viel transparenter gestaltet werden. Darüber gilt es zu diskutieren: wie wir diese Europäische Union für den Bürger transparenter und verständlicher gestalten können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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