Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 69

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12.31

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Haller, wissen Sie, das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns: Ich persönlich bin stolz darauf, eine emanzipierte Frau zu sein, und die SPÖ ist gemeinsam mit mir sehr stolz darauf, emanzipatorische Politik machen zu können. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es reicht Ihnen offensichtlich nicht, was Sie in den ersten 16 Monaten Ihrer Amtszeit für die österreichischen Familien gemacht haben. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ein paar Stichworte: Streichung der beitragsfreien Mitversicherung in der Krankenversicherung, Studentensteuer, Pensionskürzungen, Ambulanzgebühren. – Die Liste ist so lang; ich habe gar nicht so viel Zeit, all das aufzuzählen, was Sie angeblich im Interesse der österreichischen Familien in diesen letzten 16 Monaten gemacht haben.

Sie sprechen von einem Paradigmenwechsel; das ist auch heute bereits mehrfach angeklungen. Ja, der findet tatsächlich statt! Sie schaffen nämlich das Karenzgeld ersatzlos ab. (Abg. Ing. Westenthaler: Wieso "ersatzlos"?) Sagen Sie die Wahrheit! Machen Sie nicht Bocksprünge, sondern sagen Sie den Menschen die Wahrheit darüber, was hier heute tatsächlich beschlossen werden soll. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer.  – Zwischenrufe der Abgeordneten Haller und Achatz. )

Sie machen es sich sehr, sehr leicht. Sie stellen sich her und sprechen von Wahlfreiheit. (Abg. Mag. Schweitzer: ... Ihre Gedanken! Das ist ja unglaublich!) Die einen sagen: Familie oder Beruf! Das höre ich immer häufiger: Familie oder Beruf. Das ist nicht das, was die Menschen, was die jungen Frauen in Österreich wollen. Sie wollen Familie und Beruf. Sie wollen beides unter einen Hut bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was Ihnen heute hinsichtlich dieses Kindergeldes noch vorgeworfen werden muss, bezieht sich ja nicht nur auf die Maßnahme als solche, sondern auch auf das Wie. Und wenn Sie schon uns, den Oppositionsparteien, nicht glauben, dann würde ich Ihnen empfehlen, die Begutachtungsunterlagen noch einmal genau anzuschauen. (Abg. Mag. Schweitzer: ..., sind Sie sehr schwach geworden!) Da heißt es unter anderem – ich zitiere –:

Durch die Begrenzung des Zuverdienstes auf 200 000 S und den Wegfall der Teilzeitkarenz werden besser qualifizierte Frauen aber benachteiligt und Väter nicht mehr gefördert, auch den Karenzurlaub in Anspruch zu nehmen. – Zitatende.

Wissen Sie, wer das geschrieben hat? – Das Finanzministerium! Ihr Finanzministerium hat das im Rahmen der Begutachtung zum Kindergeldgesetz gesagt. Aber nicht einmal dem Finanzministerium wird von Seiten der Regierungsparteien Gehör geschenkt.

Ich habe da einen ganzen Stoß an Papieren mitgebracht; Sie brauchen das nur in Ihren Büros auszugraben. Da sind von Dutzenden von Rechtsanwälten, von der Kammer der Rechtsanwälte und vielen anderen mehr sehr gute, qualifizierte Gutachten gemacht worden, die Sie alle in den Wind geschlagen haben.

Aber kommen wir noch einmal zu den Fakten. Es ist ganz einfach nicht wahr, auch wenn Sie es hundertmal hier sagen: Für den Großteil, für ungefähr die Hälfte der bisherigen Karenzgeldbezieherinnen gibt es nicht mehr Geld, sondern weniger! So weit müssten eigentlich in diesem Haus alle rechnen können, um zu wissen, dass 6 100 S – und 6 100 S haben jetzt immerhin rund 50 Prozent der Karenzgeldbezieherinnen – mehr sind als 6 000 S. Aber Sie stellen die Rechnung auf den Kopf und sagen: 10 Prozent Erhöhung! Sie streichen den Familienzuschlag, und dadurch kürzen Sie für sehr viele Menschen die Leistung.

Sie sprechen von Armutsvermeidung. Ich frage mich wirklich: Ist das Ihre einzige Antwort auf Armutsvermeidung? Was ist mit der schwangeren Studentin? Da gibt es noch keinen Kindergeldanspruch. Was ist nach dem dritten Geburtstag des Kindes – oder eigentlich müsste man sagen: zweieinhalbjährigen Geburtstag des Kindes – einer Studentin? (Abg. Haller: ... einen anderen Stichtag!) Ist die Studentin dann plötzlich nicht mehr arm? Was macht sie dann? Was


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