Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 155

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.09

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! 194 000 Unterschriften, das ist eine Zahl, die es notwendig macht, sich ernsthaft mit einem Volksbegehren auseinander zu setzen. Ich halte es ganz mit dem Kollegen Schieder, dass es richtig war, dass sich der Verfassungsausschuss in drei Sitzungen so ausführlich mit diesem Volksbegehren auseinander gesetzt hat, wie kaum noch ein Volksbegehren in diesem Hause Behandlung gefunden hat. Wir haben ja bei der letzten Sitzung in einem Hearing auch im Detail Argumente von Experten gehört, die die Betreiber dieses Volksbegehrens namhaft gemacht haben, aber auch von Experten, die die Fraktionen namhaft gemacht haben.

Die inhaltliche Auseinandersetzung war damit gegeben. Was ich zu den vorgebrachten Argumenten im Namen meiner Fraktion sagen möchte, ist, dass in der Begründung für das Volksbegehren Argumente angeführt werden, die man nicht ganz so stehen lassen kann. Da wird zum Ersten behauptet, dass damals, vor der Volksabstimmung, in Österreich Aussagen und Versprechungen von Seiten der meisten offiziellen Organe gemacht wurden, die sich später als unzutreffend herausgestellt haben. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass man versprochen hätte, der Schilling werde beibehalten.

Nach meiner Erinnerung – ich war damals selbst als Experte bei vielen Veranstaltungen unterwegs – habe ich das Versprechen, dass der Schilling beibehalten wird, nie gehört, weder von einem offiziellen Organ noch von irgendeinem so genannten Experten. Natürlich wurde immer wieder überzeichnet, in der einen und anderen Richtung, wie das bei Diskussionen durchaus üblich ist, aber Versprechungen dieser Art gab es nicht. Da möchte ich wirklich alle Experten, die damals aufgetreten sind, in Schutz nehmen. Das kann man nicht so stehen lassen, dass damals Unzutreffendes versprochen wurde.

Zum Zweiten wird von den Betreibern des Volksbegehrens auch als Argument angeführt, dass der Souveränitätsverlust Österreichs der Bevölkerung damals nicht klar vor Augen geführt wurde. – Auch das ist nicht richtig. Wir haben ja gerade deshalb eine Volksabstimmung in Österreich durchgeführt, weil es ein Souveränitätsverlust Österreichs war und eine Gesamtänderung der Bundesverfassung damit einhergegangen ist. Ich halte es daher für nicht stichhaltig, dass man dieses Argument hier anführt.

Zum Dritten wird auch gesagt, dass die geplante Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in der Europäischen Union den Bürgern nicht mitgeteilt wurde. – Auch das ist nicht zutreffend. Schon im Vertrag von Maastricht und davor in der Einheitlichen Europäischen Akte ist das Mehrheitsprinzip verankert. Es ist daher auch fachlich nicht richtig, was hier gesagt wird.

Ich möchte daher aus unserer Sicht resümieren: Die Argumente, die hier angeführt wurden, waren Bestandteil der Diskussion vor der Abstimmung im Jahre 1994. Da ist nichts Neues dabei, daher gibt es auch keinen Anlass, jetzt neuerlich darüber abzustimmen. Wir haben uns, wie ich meine, im Ausschuss sehr ordentlich damit auseinander gesetzt, zum Teil auch außerhalb des Ausschusses, in den Fraktionen.

Wir können daher durchaus den Schluss ziehen, dass man die Skepsis der 194 000 Österreicher zur Kenntnis nehmen muss, die betreffend die Europäische Union da und dort besteht. Ich halte unseren Weg, den wir jetzt zu gehen versuchen, nämlich bei allen Fortentwicklungen der Europäischen Union, in einer sehr engen Verknüpfung mit der Aufklärung der Bevölkerung, die Bevölkerung in diesen Prozess miteinzubeziehen, für den richtigen Weg – auch als Antwort auf die Skepsis, die die 194 000 Unterzeichnenden durch ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.13


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