Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 159

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

18.27

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Nationalrat hat sich in zwei Ausschüssen, nämlich im Petitionsausschuss und im Verfassungsausschuss mit dem Volksbegehren für eine Neuaustragung der EU-Abstimmung sehr eingehend auseinander gesetzt. Ich möchte damit der Behauptung entgegentreten, dass sich die Abgeordneten dieses Hauses nicht ausreichend mit einem so wichtigen Thema befasst hätten.

Im Petitionsausschuss haben die Vertreterinnen und Vertreter des Volksbegehrens die Möglichkeit gehabt, an den Beratungen teilzunehmen und auch ihre Vorstellungen darzulegen. Und auch im Verfassungsausschuss ist dieses Thema zwei Mal sehr ausführlich behandelt worden.

In formaler Hinsicht hat der Nationalrat also getan, was er tun konnte. Nicht jede Bürgerinitiative, nicht jede Petition wird im Petitionsausschuss nach § 100 lit. c der Geschäftsordnung des Nationalrates einem anderen Ausschuss zur Behandlung zugewiesen. Der Ausschuss hätte auch beschließen können, was in anderen Fällen schon geschehen ist, von der Verhandlung sogleich Abstand zu nehmen. Dazu war uns aber, wie gesagt, das Thema viel zu wichtig.

Im Verfassungsausschuss hat es dann ein Anhörungsverfahren gegeben, in dem die Vertreter des Volksbegehrens selbst Stellung beziehen konnten, aber auch Experten nominieren konnten und Experten nominiert haben. Die Geschäftsordnung ist vom Obmann des Verfassungsausschusses dabei keineswegs eng ausgelegt worden, sondern sehr weit.

Nun zum Inhaltlichen: Ein Volksbegehren, das von rund 200 000 Österreicherinnen und Österreichern unterstützt wird, hat zweifellos Gewicht und hat zweifellos Bedeutung. Wir wissen, dass dieses Volksbegehren von Idealisten getragen ist. Das zeigen viele persönliche Gespräche, aber auch viele Briefe und Zuschriften. Der außenpolitische Sprecher meiner Fraktion und auch mein unmittelbarer Vorredner haben aber darauf hingewiesen, dass sich im Jahre 1994 die Mehrheit der Staatsbürger für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union entschieden hat. Als Demokraten haben wir dieses Votum des Staatsvolkes zur Kenntnis genommen.

Jetzt ist es wichtig, den österreichischen Standpunkt in den Gremien der Europäischen Union mit Nachdruck zu vertreten. Ich denke, es ist der Bundesregierung mit dem Vertrag von Nizza durchaus gelungen, die wesentlichen und wichtigen Interessen unseres Landes zu wahren.

Ich denke dabei insbesondere an den Erhalt des Einstimmigkeitsprinzips, also des Vetorechtes, in so sensiblen Bereichen wie der Asylpolitik oder auch der Frage der österreichischen Wasserressourcen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Welche Zukunftsperspektiven sich im Fall einer Erweiterung der Europäischen Union ergeben, lässt sich heute noch nicht mit Sicherheit absehen. Wenn die Verhandlungen mit den Beitrittswerbern zufriedenstellend ausfallen, dann steht einer Erweiterung von österreichischer Seite aus meiner Meinung nach nichts entgegen. Das wäre etwa dann der Fall, wenn die Aufnahmekriterien von den Beitrittsländern, wie zum Beispiel Ungarn, erfüllt werden, wenn die Übergangsfristen für den österreichischen Arbeitsmarkt gesichert sind und wenn einige andere Dinge mehr erledigt sind.

Sollte das Ergebnis nach Abschluss der Verhandlungen den österreichischen Interessen aber nicht entsprechen, dann wird, wie ich meine, aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Volksabstimmung nicht mit Sicherheit auszuschließen sein. In diesem Sinne nehmen wir, meine Damen und Herren, die Sorgen der Bevölkerung durchaus ernst und das Volksbegehren auch zur Kenntnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.31


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